No Tango, no Cash

Die Einreise nach Argentinien hat wunderbar geklappt. So schnell, so unkompliziert. Jetzt noch kurz ein wenig Geld abheben und schon geht’s raus aus dem verschlafenen Örtchen Los Antiguos. Das wurde jedoch schwieriger als es klingt. Der einzige Geldautomat war mit keiner meiner beiden Karten einverstanden. Schade, aber man kann das Busticket doch sicher per Karte zahlen. Ja kann man, aber nicht mit meiner. Auch das ist kein Problem. Schließlich gibt es ja noch die Dollar-Reserve. Diese musste dann also bemüht werden, um das Ticket und eine Mahlzeit zu bezahlen. Im Restaurant gab’s dann als Wechselgeld endlich argentinische Pesos und mit nun genug Geld für den Rest des Tages und einem Ticket nach El Chalten fühlte ich mich wieder unbesiegbar. Wohl dem, der auf solche Fälle vorbereitet ist.

Der Bus fuhr dann ab 20 Uhr und war die ganze Nacht unterwegs. Kein Aus-dem-Fenster-schauen möglich und Schlafen auf einem normalen Sitzplatz. Diese Busfahrt hatte das Potenzial, ganz furchtbar zu werden. Großartig war sie auch nicht, aber ich muss es wider erwarten irgendwie geschafft haben, sechs Stunden zu schlafen. Ankunft in El Chalten: 6 Uhr 30. Tolle Zeit! Das Auswahlkriterium für das Hostel war dann auch nicht der Preis. Nein, es ging schlicht und ergreifend darum, ob man uns die Tür aufmachte. Aber nach Schlafen war mir dann gar nicht zumute. Ich war ja schließlich von der Fahrt bestens erholt. So entschloss ich mich gleich zu einer Wanderung, der besten Beschäftigung in El Chalten, das sich selbst wenig bescheiden als Trekking-Hauptstadt Argentiniens bezeichnet. Da auch in der Folge von Müdigkeit keine Spur war, lief ich noch zwei weitere Tage froh und munter durch die herrliche Landschaft des Parque Nacional Los Glaciares. Mal wieder ein wenig aktiver zu sein, war auch bitter nötig nachdem ich mich zuletzt fast ausschließlich herumkutschieren lassen habe. Diesen Elan sollte ich mir beibehalten.

Guter Rat muss nicht teuer sein

Ich gebe zu, gelegentlich bin ich schon ziemlich beratungsresistent. Wenn mir jemand einen Tipp gibt, hör ich mir das geduldig an, um dann später doch alles anders zu machen. Glücklicherweise ist das nicht immer so. Manchmal lass ich mich auch von guten Argumenten überzeugen. Im neuesten Fall ging es um die Routenplanung nach Argentinien. Da war die ursprüngliche Idee, die Grenze bei Villa O’Higgins, dem Endpunkt der Carretera Austral, zu überqueren. Ohne euch mit Details zu langweilen: Es ist kompliziert, es ist zeitaufwendig, es ist teuer. Im Grunde ging es mir wie immer ums Prinzip. Die GANZE Carretera Austral bewältigen. Komplett. Aber dass diese Einfälle meinerseits auch in die Binsen gehen können, ist spätestens seit Moorea bekannt. Auch wenn es damals noch geklappt hat, habe ich mir doch vorgenommen, das Schicksal nicht öfter als nötig herauszufordern.

Somit war ich diesmal ganz Ohr, als mir ein Mitreisender, der gerade aus der entgegengesetzten Richtung aus Argentinien kam, von Schwierigkeiten mit der dortigen Fähre erzählte. Er rieht mir von dieser Route ab. Sie sei das Geld nicht wert und erschwerend hinzu kam die Gefahr, da unten mehrere Tage festzusitzen. Also Kommando zurück! Nur noch einen kurzen Abstecher nach Caleta Tortel und dann sollte es über einen konventionelleren Weg nach Argentinien gehen. Caleta Tortel ist ganz anders aber sehr schön. So oder so ähnlich haben es alle gesagt. Und tatsächlich, die Stadt ist ein Hingucker. Kurz nachdem man die Stadt erreicht, muss man sein Gefährt am Parkplatz abstellen, denn Caleta Tortel steht auf Stelzen und ist für Autos nicht zugänglich. Ich weiß nicht, ob die Bezeichnung „chilenisches Venedig“ gerechtfertigt wäre (im italienischen war ich nie) aber die Assoziation ist unvermeidlich. Auf den vielen verzweigten Holztreppen geht es ständig hoch und runter. Als Backpacker ist man auf diesem Terrain klar im Vorteil. Ein Hostel war schnell gefunden und ich wurde gleich spontan von meinen lieben Zimmerkollegen Andres und Ricardo mit Hühnchen, Kartoffeln und Reis verköstigt. Außerhalb des Hostels schien die Zeit still zu stehen in diesem Ort, der noch mehr Ruhe und Abgeschiedenheit ausstrahlt als die anderen in dieser dünn besiedelten Gegend. Ich war nur 24 Stunden dort aber dieser eine Tag hat sehr gut getan.

Voller Tatendrang ging es dann wieder zurück. Eigentlich wollte ich es weitestgehend vermeiden, die selbe Strecke nochmals zurückzulegen. Aber in diesem Fall war es großartig. Der Blickwinkel ist eben doch ein anderer und so gab es auf dem Rückweg nach Cochrane doch noch viel Spannendes zu sehen. Dort wurde noch einmal Halt gemacht, bevor es dann zur (vorerst) letzten Station in Chile gehen sollte. Chile Chico an der argentinischen Grenze lautete das Ziel und was bin ich froh, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe. Einen ganzen Tag hat es gedauert von Cochrane nach Chile Chico zu gelangen und im Nachhinein war es einer der schönsten wenn nicht sogar der schönste Tag auf meiner Reise. Und das nicht, weil alles perfekt gelaufen wäre. Solche Tage gibt es auch (der in Caleta Tortel war einer von dieser Sorte). Nein, dieser Tag war so herausragend, weil er alles zu bieten hatte, was das Reisen (für mich zumindest) ausmacht: Sich ein Ziel setzen, diesen Plan mehrmals anpassen oder ganz verwerfen, warten, auf Hilfe hoffen, dabei fast verzweifeln, unverhofft auf großartige Menschen treffen, schöne Dinge sehen und an Orte gelangen, die man gar nicht auf dem Zettel hatte. Sowas passiert also, wenn ich Ratschläge annehme. Vielleicht mach ich das jetzt öfter.

In Chile Chico wird jetzt noch ein Tag Pause für Organisatorisches eingelegt und morgen geht’s nach Argentinien. Chile hat mir wahnsinnig gut gefallen. Vor allem Valparaíso und die Carretera Austral. Das war nochmal ein ganz anderes Reisen. Zwei Wochen, in denen der Weg das Ziel war, denn schöne Städte gab es mit Ausnahme von Caleta Tortel keine mehr. Zwei Wochen, die landschaftlich einiges zu bieten hatten und zwei Wochen, die die Antwort auf die Frage gaben, an welchem Ort die Deutschen in der Minderheit sind. Ich habe in dieser Zeit mit keinem Landmanns/ keiner Landsfrau gesprochen. Nur zwei dreimal hat man jemanden Deutsch sprechen hören. Die überwältigende Mehrheit der Reisenden kommt tatsächlich aus Chile. Meistens junge Leute, die in kleinen Gruppen unterwegs sind. Sie fahren meist nur per Anhalter und haben nicht selten Musikinstrumente und Equipment zum Jonglieren wie Bälle oder Keulen dabei. Ein Zelt hat jeder, im Gegensatz zu mir. Es hat mir sehr imponiert, mit welchem Optimismus sich hier viele auf den Weg machen, ihr Land zu sehen.

Jetzt freu ich mich zwar erst auf Argentinien, aber ich habe auch schon große Lust, (so wie ich es schon von vornherein geplant hatte) später Chiles Norden zu bereisen. Dort wartet unter anderem die Atacama. Das ist aber Zukunftsmusik. In den nächsten Tagen heißt es warm anziehen im argentinischen Teil Patagoniens. Chile hat sehr ordentlich vorgelegt. Argentinien, jetzt bist du am Zug …

Everyday is a winding road

Seit ich Puerto Varas verlassen habe, ist der Abenteuer-Charakter endlich wieder da. Und wie! Mit dem Bus ging es zunächst nach Hornopiren. Bis ich meinen ersten Stopp auf der Carretera Austral erreichte, vergingen gut vier Stunden und das für eine Strecke von ca. 50 Kilometern. Dort angekommen bestätigt sich meine Vermutung, wonach die Unterkunftssuche in dieser Region ein absolutes Kinderspiel ist. Wie auch die nächsten Tage zeigten, besitzt jeder Ort mit einer vierstelligen Einwohnerzahl (diese werden im Reiseführer jeweils als wirtschaftliche Zentren deklariert) eine Vielzahl an günstigen Zimmern. Da freut sich der Bub. Denn da muss nichts im Voraus reserviert werden und man ist maximal flexibel. Und Spontanität ist ja so ziemlich das höchste Gut auf einer Reise.

Schlafen ist damit geklärt. Essen gibt’s auch genug: Viel Brot, frisches Obst (also meine Hauptnahrungsmittel), alles da, was man braucht und nicht mehr. Erstaunlich guten Internetzugang gibt es auch. Die Diskussion, ob das in den Bereich Alles-was-man-braucht fällt, sparen wir uns an dieser Stelle. Ich persönlich begrüße derartige Annehmlichkeiten. Aber viel zu tun gibt es nicht. Es galt also, sich gleich um die Weiterreise zu kümmern. Chaiten hatte ich als nächstes Ziel auserkoren. Ein Bus dorthin würde sich anbieten. Bis Samstag (es war Dienstag) sind aber alle ausgebucht. Schön. Dann muss es anders gehen. Fünf Tage Hornopiren waren keine Option, wo ich mich doch in Santiago schon nach zwei Tagen gelangweilt habe.

Ich stand also am nächsten Morgen früh auf und lief auf Verdacht zum Hafen. Wie es der Zufall (auch bekannt als das mich ständig begleitende Glück) es wollte, legte die nächste Fähre in knapp einer Stunde ab. Die Reise konnte also weitergehen. Dreieinhalb Stunden später erreichte die Fähre ihr Ziel. Wie dieses heißt, kann ich euch nicht sagen. Es war nur eine Bootsanlegestelle. Keine Häuser, kein Garnichts. Was es gab, war eine einspurige Straße und einen Bus für diejenigen, die kein eigenes Auto mitgebracht hatten. Mit diesem ging es nur wenige Kilometer zur nächsten Fähre. Der zugehörige Hafen oder vielmehr dessen Umgebung war so schön, dass einem die Wartezeit bis alle Vehikel wieder einsortiert waren, völlig egal war.

Nochmal eine Stunde später und ich war in Caleta Gonzalo wieder an Land. Und ab da wurde es spannend. Drei kleine Holzhütten und eine Cafeteria gab es dort. Bleiben konnte ich hier nicht. Ich musste weiter nach Chaiten. Ein lange Schlange an Autos (auf dem Weg in die Richtung, aus der ich gekommen war), viele bereits wartende Backpacker und dazu die Neuankömmlinge, die nun die Fähre verließen. Da war was los. In dem Getümmel versuchte ich mir eine gute Position zu verschaffen und hoffte wie ein paar Dutzend weitere auf eine Mitfahrgelegenheit. Diese ergab sich dann dank eines LKW-Fahrers, dessen Herz für Rucksackreisende genauso groß war wie die Ladefläche seines Gefährts. Dort tummelten sich nämlich sage und schreibe 38 Personen plus Gepäck. Und in diesem Gedränge fand einer doch tatsächlich noch Platz und Nerven, seine Gitarre auszupacken. So wurde die einstündige Fahrt ein irres Erlebnis mit einer holprigen Schotterpiste, staubigem Fahrtwind sowie einer musikalisch untermalten beeindruckenden Landschaft aus Bergen und Wäldern.

Mission accomplished! Ich war in Chaiten. Es gäbe auch Busse, die von Puerto Montt über Hornopiren nach Chaiten fahren. Also eben jene von mir beschriebene Strecke, die ich in zwei Tagen zurückgelegt habe. 10 Stunden inklusive nicht weniger als drei Fährverbindungen und das für sagenhaft günstige 10000 Pesos, was nicht einmal 15€ entspricht. Ich hätte diesen Bus auch mit dem größten Vergnügen genommen. Aber jetzt kommt’s: Mein Ticket nach Hornopiren kostete 4000 Pesos, die Fähre nach Caleta Gonzalo 5730. Das heißt, ich hab mir 30 Cent gespart. Da geht einem doch das Herz auf.

So oder so ähnlich ging es in der Folge weiter. Meistens einen Tag, höchstens zwei am selben Ort bleiben und dann sehen, wie man weiterkommt. Dazwischen ein wenig Wandern oder einfach am See Steine hüpfen lassen. Es ist herrlich hier. Ich genieße jeden einzelnen Meter auf dieser Straße und jeden Zwischenstopp unterwegs. Das Wetter ist wechselhaft, was der Sache aber keinen Abbruch tut. Städte wie Hornopiren oder Puyuhuapi sehen nämlich nebelverhangen so grandios und mysteriös aus, dass ich sie gar nicht bei strahlendem Sonnenschein sehen muss. Mein aktueller Standort ist Coyhaique. Die mit weitem Abstand größte Stadt entlang der Carretera Austral markiert zugleich auch die halbe Strecke. Sechs Tage hat es bis hierher gedauert. Mensch bin ich wieder flott unterwegs. Geht fast einen Tick zu schnell, wo es mir hier doch so gut gefällt.

On the beaten track

Da war ich ein wenig voreilig, als ich beim letzten Mal von dünn besiedelten Gegenden gesprochen habe. Den ersten Halt nach Santiago gab es in Villarrica und menschenleer ist diese Stadt mitnichten. Zumindest jetzt im chilenischen Sommer platzt der Ort aus allen Nähten. Kaum verwunderlich bei der ausgezeichneten Lage am gleichnamigen Lago Villarrica mit Blick auf einen Vulkan und einem bestechenden Freizeitangebot. Ich habe mich für Rafting entschieden. Dafür musste ich ins benachbarte Pucon und das ist tatsächlich noch überfüllter als Villarrica. Wenn man jedoch nur für einen Tagesausflug da ist, lässt man sich von der Hektik gleich viel weniger anstecken.

Vor meiner Rafting-Tour fand noch ein anderes Event in Pucon statt, das ich aufgrund meiner sehr zeitigen Ankunft ebenfalls verfolgen konnte. Für den „Color Run“ hatten sich hunderte Kids und auch Erwachsene weiße T-Shirts angezogen, um sich dann mit Farbbomben bewerfen zu lassen. Dann wurde in einem Rundkurs durch die Stadt gelaufen. Ob das ganze für einen guten Zweck oder nur aus Spaß an der Freude passiert, habe ich nicht hinterfragt. War jedenfalls schon beim Zusehen witzig. Danach durfte ich selbst aktiv werden und paddelte mich durch die Stromschnellen. Das war richtig cool. Und sehr weise, das ganze von Villarrica aus zu machen. Denn als nächstes ging es nach Puerto Varas, welches ebenfalls viele Möglichkeiten in Sachen Wassersport bietet. Allerdings gab es hier das gleiche Problem wie damals in Queenstown: Alles ausgebucht. Nur eine Nacht verfügbar. Eigentlich wollte ich mich danach nochmals umsehen, um eventuell in einem anderen Hostel unterzukommen. Aber ich wollte dann doch raus aus dem ganzen Trouble und entschied mich spontan dagegen. So erreichte ich schneller als gedacht die Carretera Austral.

Die Carretera Austral beginnt nach Puerto Montt und verläuft über gut 1000 Kilometer Richtung Süden. Die Straße ist nicht durchgehend asphaltiert und an einigen Stellen geht es nur mit der Fähre weiter. Man kommt also nur sehr langsam voran. Auf diesem Abschnitt könnte eine Vorentscheidung fallen, ob ich meinen ursprünglichen Zeitplan einhalten kann oder ob ich meine Reise über den Mai hinaus verlängern werde. Es wird weder gehetzt noch getrödelt. Aber wenn ihr mich möglichst bald wiedersehen wollt, wünscht mir, dass ich nirgendwo steckenbleibe.

Everybody gets a second chance

Santiago die Zweite. Diesmal mit weniger Flughafen und mehr Stadt. Da das Busterminal, an dem ich ankam, nicht gerade sehr zentral gelegen ist, bot sich aus meiner Sicht ein längerer Spaziergang in Richtung der für Touristen interessanteren Viertel schon allein deshalb an, weil man dann bereits vor dem Einchecken die halbe Stadt gesehen hat. Den Vorwurf, dass ich schlicht zu geizig bin, um mit Bus oder Taxi ins Zentrum zu fahren, weise ich entschieden zurück.

Natürlich ist es warm und umgeben von meinen beiden Rucksäcken steigt das Thermometer gefühlt weiter an, aber das ist alles halb so wild. Ungleich schlimmer war die Feststellung, dass ich nach knapp einer Stunde dank meiner neuen Flipflops (noch immer trauere ich meinen alten hinterher, die mir drei Monate lang die Treue gehalten haben) Blasen an den Füßen hatte und wieder auf Turnschuhe umsteigen musste. Ich setze mich also auf eine schattige Bank, um mein Schuhwerk zu wechseln und weil ja ein Unglück selten allein und alles Gute von oben kommt, werde ich Opfer eines Luftangriffs. Beim nächsten Mal besser vorher abklären, ob parallel zur Bank ein Stromkabel verläuft, auf dem Tauben ein Stockwerk über einem ebenfalls eine Pause einlegen. Aber macht ja nichts. Man hat schließlich sein ganzes Gepäck dabei und kann zumindest das T-Shirt wechseln. Trotzdem hatte Santiago den ersten Eindruck … nun ja, mit Verlaub, verkackt. Vor Schmerzen immer noch leicht humpelnd und nun auch noch unangenehm riechend musste jetzt dringend ein Hostel gefunden werden. Ein Glück, dass an der ersten angefragten Adresse eine Reservierung kurzfristig storniert worden war. Ich hatte ein Zimmer, viel wichtiger noch, eine Dusche und Santiago und ich waren wieder versöhnt.

Trotz meiner lädierten Füße musste die Stadt in der Folge natürlich genauer inspiziert werden. Santiago hat definitiv schöne Ecken, von denen ich nur einen Bruchteil gesehen habe. Ansonsten würde ich sagen, es ist eine typische Großstadt mit allen dazugehörigen Vorzügen und Nachteilen. Absolute Highlights gibt es aus meiner Sicht aber keine. Am schönsten sieht die Stadt von oben aus. So bietet vor allem der Cerro San Cristobal eine hübsche Aussicht auf Chiles Hauptstadt und lässt im Hintergrund erahnen, wie hoch die Anden in den Himmel ragen.

Was die Großstädte betrifft war es das damit für eine Weile. Ab jetzt geht es in Richtung Patagonien in dünner besiedeltes Gebiet. Meine genaue Route in den Süden nimmt langsam Gestalt an, aber der Weg, den ich mir vorgenommen habe, ist weit. Ca. zwei Tage reine Fahrzeit sind es bis Ushuaia. Da will ich hin. Sonst hätte ich meine warmen Klamotten ja ganz umsonst dabei.

Die Tageshöchstwerte für Ushuaia, Argentien liegen in dieser Woche zwischen 8 und 14 Grad Celsius (Anm. d. Red.)

Ich hab ein Haus, ein kunterbuntes Haus

Gut eine Woche ist vergangen seit meiner Ankunft in Santiago de Chile und ich stelle sehr zufrieden fest, dass es mir diesmal ziemlich leicht fiel, mich an die neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. Das lag nicht zuletzt auch an der Wahl meiner ersten Unterkunft. Da ich relativ selten Lust auf Großstädte habe, ganz besonders nach Flügen (ich denke da zum Beispiel an Bangkok, das es in einer Rangliste meiner Lieblingsorte vermutlich nicht unter die Top 100 schaffen würde), verließ ich den Flughafen gleich in Richtung Valparaíso. Von dem Bisschen, was ich über Chile weiß, hatte ich im Hinterkopf, dass es dort ganz nett sein soll.

Jeweils zwei Stunden Busfahrt und Spaziergang später finde ich: Valparaíso ist die schönste Stadt, die ich je gesehen habe. Zuallererst ist es eine Hafenstadt, was meiner Meinung nach immer einen Pluspunkt gibt. Dabei ist das Hafenviertel aber bei Weitem nicht die schönste Ecke. Viel beeindruckender sind die sogenannten Cerros (Hügel) dahinter. Rom, so sagt man ja, wurde auf sieben Hügeln erbaut. In Valparaíso sind es 42. Auf solchem Terrain derart viele Häuser zu bauen, erscheint mir sehr schwierig. Aber wenn so eine Stadt dabei entsteht, kann man nur gratulieren. Nicht nur die Lage der Gebäude sondern auch deren Aussehen macht die Stadt so einzigartig. So sind die Häuser zum einen in bunten Farben gestrichen und zum anderen größtenteils mit sehr fantasievollen und detailverliebten Graffitis und Wandmalereien verziert. Am besten vertreibt man sich hier also die Zeit mit Herumschlendern und Kaffeetrinken.

Da fällt der Einstieg natürlich leicht. Aber so gut es mir auch gefallen hat, nach fünf Nächten hatte ich wieder große Lust auf Neues. Also geht es zurück nach Santiago, in die Großstadt. Schwer vorstellbar, dass es mir dort besser gefällt. Aber ich schaue es mir mal an.

Südseeträume – Nur solange der Vorrat reicht

Anfang Februar in Good Old Germany. Da ist es oft bitterkalt und man verkriecht sich unter einer kuschligen Decke, idealerweise mit einer Tasse Kaba (meinetwegen auch Kakao für alle die, die es da genau nehmen und auch nur Taschentuch und Klebestreifen sagen). Das hat an und für sich schon was. Doch die meisten bevorzugen wahrscheinlich eher die warme Jahreszeit. Wer sich gerade angesprochen fühlt, für den hab ich hier etwas ganz besonderes aus dem Hause Lukaroundtheworld:
Bilder aus Tahiti und der Osterinsel (ab sofort im Menüpunkt Bilder erhältlich).
Wenn man die Nase einmal (vielleicht sogar buchstäblich) voll hat von winterlichen Temperaturen, spiegelglatten Straßen und vereisten Windschutzscheiben, dann einfach durch die beiden Galerien klicken und für einen kurzen Moment in die Südsee entfliehen. Den Bürostuhl oder die Couch durch einen Liegestuhl oder den bloßen weißen Sand und das Heißgetränk durch eine Pina Colada ersetzen. Das ist doch Balsam für die fröstelnde Seele. Eine wohlverdiente Auszeit, die Kraft und Zuversicht für die kommenden Aufgaben spendet.

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Kultur pur

Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich festgestellt habe, dass ich für diese Insel den falschen Schlafrhythmus habe. Früh raus und früh ins Bett ist Quatsch, weil die Sonne ziemlich spät untergeht und danach am meisten los ist. Dass überhaupt etwas los ist, liegt an Tapati, einer alljährlichen Feierlichkeit, die noch zwei Wochen andauert. Zum wiederholten Mal ein glücklicher Zufall, denn ich dachte es würde erst nach meiner Weiterreise beginnen. So komme ich noch in den Genuss der echten (ja Tahiti, du bist gemeint) polynesischen Kultur. Neben vielen musikalischen und tänzerischen Einlagen werden jeden Tag sportliche und künstlerische Wettkämpfe ausgetragen. Einer dieser Wettbewerbe ist Kai Kai. Hierbei spannt jeder Teilnehmer eine Schnur möglichst kunstvoll zwischen seinen Fingern auf und hält dabei einen Monolog. Anschließend muss dann noch eine Frage beantwortet werden. Alles auf Rapa Nui. Von daher kann ich leider nicht sagen, auf was es da genau ankam, geschweige denn wer gewonnen hat.

Ansonsten ist die Amtssprache der Insel, die zu Chile gehört, Spanisch, wie auch in allen weiteren Ländern, die für die kommenden vier Monate auf meiner Liste stehen. Somit muss oder vielmehr will und werde ich in nächster Zeit meine Grundkenntnisse aus einem dreiwöchigen Intensivkurs an der Uni weiter ausbauen. Auch in kulinarischer Hinsicht könnte das mit mir und Südamerika funktionieren, wo doch kaum eine Region dieser Welt das geniale Prinzip von Teig+Fleisch so sehr verinnerlicht hat. Also diese Empanadas find ich schon mal richtig gut.

Morgen geht’s dann auf’s Festland, nach Santiago de Chile. Ein weiteres Kapitel, in dem wieder alles anders wird. Vier Monate Südamerika. Vier Monate bis zu meinem nächsten Flug. Das heißt: Ab jetzt bin ich noch flexibler als zuvor. Ich hab einen groben Plan, in welche Richtung es gehen wird. Wie immer sind aber einige Optionen offen und der genaue Weg wird sich dann ergeben.

Ja is denn heut scho Weihnachten?

Manchmal braucht es gar nicht mehr als 20 Stunden Schlaf und eine kalte Dusche und schon ist man wiederhergestellt. Nein, ganz im Ernst. Die suboptimale Startzeit sowie der noch während des Fluges anstehende Papierkram zur Einreise nach Chile haben erwartungsgemäß ihre Spuren hinterlassen und ich habe fast zwei Tage gebraucht, um mich davon zu erholen. Damit beantwortet sich aber auch schon teilweise die Frage, wie man sich auf der Osterinsel eine Woche lang die Zeit vertreibt. Man kann ja nicht jeden Tag nur Moai (die Steinfiguren, für die die Insel berühmt ist) anschauen. Klar man könnte, da hunderte von ihnen auf der ganzen Insel verstreut sind.

Tatsächlich hab ich es aber auch in Anbetracht der vielen Zeit, die mir zur Verfügung steht, ganz ruhig angehen lassen und meine große Tour zu den spektakulärsten Stellen erst am vierten Tag absolviert. Und zwar auf dem Fahrrad. Erst da wurde mir einigermaßen klar, an was für einem unglaublichen Ort ich hier gelandet bin. Ich hätte ausflippen können, wäre ich nicht so erschöpft gewesen. Ich komm mir ja immer moralisch weit überlegen vor, wenn ich im Gegensatz zu den Anderen ohne motorbetriebene Hilfsmittel zu den Sehenswürdigkeiten gelange. Konditionell war ich dafür aber unterlegen. Noch nie habe ich mich so sehr verausgabt. Aber ich würde es jedesmal wieder so machen. Was für ein genialer Tag.

Auch wenn es die Steinmenschen allein schon wert sind, hat die Osterinsel aber noch mehr zu bieten. Vulkane, viele schöne Küstenabschnitte und Strände zum Baden und Surfen gibt es nämlich auch. Es ist großartig. Irgendwie kann ich immer noch nicht glauben, dass ich hier bin.

Moorea – Die Flucht aus dem Paradies

Der erste Artikel über Tahiti hatte ja fast ausschließlich allgemeine Rahmenbedingungen und Landschaftsbeschreibungen zum Thema. Widmen wir uns nun der Inhaltsebene, auf der es auch einiges zu berichten gibt.
Ein Franzose, ein Japaner, zwei Deutsche und ein Waliser sitzen am Strand … Das ist nicht der Anfang eines schlechten Witzes sondern die Konstellation in unserer Unterkunft und ganz im Gegenteil, es wurde viel gelacht. Dass viel Zeit gemeinsam beim Entspannen im Garten bzw. am hauseigenen Strand verbracht wurde, verstand sich schon allein aufgrund der Lage von selbst. Wir waren etwas ab vom Schuss, wenn es diesen in Tahiti überhaupt gibt. Die Hauptstadt Papeete war knapp 20 Kilometer entfernt. Aber natürlich habe ich mich auch bemüht, den Rest der Insel und sogar eine weiteres Eiland zu erkunden. So setzte ich mir an einem Tag das (zugegeben sehr ambitionierte aber durchaus mögliche) Ziel, Tahiti zu umrunden und dabei einige Sehenswürdigkeiten anzusteuern. Aufgrund vieler langer Fußmärsche und einer Sackgasse, die meine unzureichenden Recherchen nicht zu Tage gefördert hatten, sah ich mich im Sinne der Vernunft gezwungen, umzukehren. Somit wurde das ursprüngliche Tagesziel nicht erreicht aber das tat der Sache keinen Abbruch. Der Tag war auch so fantastisch. Ich habe viel Schönes gesehen und einen Haufen netter Menschen getroffen.

Ein weiterer herrlich skurriler Ausflug führte zum ein paar Kilometer entfernten Hotel Le Meridien. Ob der dort dargebotene Polynesische Abend als authentische Kulturverstaltung bezeichnet werden kann, überlasse ich eurer Fantasie. Wie auch immer. Es war in jedem Fall ein sehr lustiger Abend und letztendlich konnten mein Landsmann Andi und ich doch nicht widerstehen, wie alle anderen für ein Foto mit den Tänzern zu posieren. Die Stimme in meinem Kopf, die das für blödsinnig und total überflüssig hielt, war dann doch nicht laut genug. Verdammt, das war in dem Moment einfach viel zu witzig.

Und weil das Beste bekanntlich zum Schluss kommt, stand für meinen letzten Tag ein Trip zur Nachbarinsel Moorea an. Der Tag begann früh. Es ging zunächst nach Papeete, um dort eine der ersten Fähren zu erreichen. Um halb neun kamen wir in Moorea an, wobei die letzte Fahrt zurück für 16 Uhr 45 terminiert war. Viel Zeit also und die wurde auch genutzt. Eine halbstündige Wanderung brachte uns zum Strand und was für einen. Es könnte gut und gerne der Strand sein, an dem die Werbung für diese weißen Kokoskugeln gedreht wurde. Er war atemberaubend und fast menschenleer. Weiter ging es dann zur Cooks Bay. Eine unglaublich schöne Bucht im Norden der Insel. Nachdem wir dort Mittagspause gemacht hatten, folgte ein weiterer Marsch zu einem Plateau, von wo aus man ebenfalls eine grandiose Aussicht hat. Ja, diese Insel setzt wirklich Maßstäbe in Sachen Schönheit. Man könnte durchaus mehr als einen Tag dort verbringen. Aber da gab es (ich bin ja fast neigt zu sagen: leider) einen Flug, den ich erwischen musste.

Zwei Stunden noch bis zur letzten Fähre und es folgte eine vermutlich von meinem noch angekratzten Ehrgeiz geleitete folgenschwere Entscheidung: Wir könnten doch um die Insel herumfahren anstatt den kürzeren Weg zum Hafen zu nehmen. Ein interessantes Detail: Wir hatten kein Gefährt und waren beim Fahren also auf fremde Hilfe angewiesen. Die Zeit lief erbarmungslos. Noch eine Dreiviertelstunde übrig und nachdem wir zuvor nie länger als fünf Minuten warten mussten, waren es nun schon 15. Entfernung zum Hafen: 30 Kilometer. Als wir uns schon aufgeteilt hatten, um die Ortsansässigen zu bitten, uns gegen Geld zu fahren, nahm uns doch wieder jemand mit. 30 Minuten, 10 Kilometer. Wir steigen aus. Sekunden später legt ein Wagen den Rückwärtsgang ein und der Fahrer bringt uns zur Fähre. Ende gut alles gut. Erleichterung ist gar kein Ausdruck. Erst jetzt wird mir klar, wie dumm diese Entscheidung war und was passiert wäre, hätte ich diese Fähre nicht bekommen. So habe ich wie so oft riesiges Glück gehabt und einer der längsten und aufregendsten Tage meines Lebens geht mit einer Wartezeit von sage und schreibe 8 Stunden zu Ende.
Denn heute ist ja noch der Flug. Oder eher morgen. Was würdet ihr sagen, ist die bescheuertste Zeit, um ein Flugzeug zu starten? Mein Vorschlag: 2 Uhr 40! Das ist schon frech. Aber was soll man machen. Viel Zeit zum nachdenken … zum Beispiel über sechs denkwürdige Tage in Tahiti und Moorea.