Me gusta viajar – Das Ende vom Anfang

Und da bin ich wieder. Zurück in Good Old Germany. Zeit, die vergangenen gut acht Monate nochmals Revue passieren zu lassen. Aber zunächst noch kurz zu den letzten Tagen meiner Reise. Diese liefen genauso, wie ich mir das vorgestellt hatte: Entspannt und mit einigen schönen Begegnungen. Da war zum Beispiel ein Gespräch mit einem Straßenhändler, der mir zunächst ein paar seiner einzigartigen Schmuckstücke verkaufen wollte. Ein Geschäft kam zwar nicht zustande, aber als nach und nach seine Freunde hinzustießen, ergab sich eine sehr amüsante Runde, in der ich diverse hochprozentige ecuatorianische Spezialitäten kosten durfte. Nebenbei wurde leidenschaftlich musiziert und im Sinne der Völkerverständigung konnte ich auch ein österreichisches Lied zu den ansonsten lateinamerikanischen Klänge beisteuern. Zum Abschluss meines Südamerika-Aufenthalts ging es dann nochmal ins Nachtleben und so wurde der letzte Abend tanzend in den Discos von Quito verbracht.

Allerdings war meine Reise damit immer noch nicht ganz beendet. Mein vorletzter Flug führte mich in die spanische Hauptstadt Madrid. Nochmal drei ruhige Tage, an denen ich bei sommerlichen Temperaturen fröhlich durch die Straßen schlendern und zwischendurch ein wenig Fußball schauen konnte. Ich bezweifle, dass man diesen Trip noch schöner abrunden könnte …

Das waren sie also. 255 Tage, die mir soviel gegeben haben, dass es schwer fällt, das Ganze in nicht völlig ausufernder Form zusammenzufassen. Aber ich versuch`s mal.
Ich habe viele atemberaubend schöne Orte gesehen: Angkor, Iguazu, Milford Sound, Machu Picchu und die Osterinsel. Vulkane, Lagunen, Wälder, Strände, Wüsten, Gletscher und Wasserfälle langen auf meinem Weg.
Ich war dabei mit vielerlei verschiedener Transportmittel unterwegs: Flugzeuge, Motorräder, Fähren, Taxis, Kanus, Fahrräder, Züge, Lastwägen, Schlauchboote, Longtailboote, Tuk-Tuks, Gummireifen, Bambusflöße und unzählige Male mit dem Bus.
Ich habe mich aus meiner Komfortzone gewagt, Dinge gemacht, von denen ich niemals dachte, dass ich sie könnte. Ich habe viele neue Talente und Interessen an mir entdeckt, hab mein Englisch und Spanisch verbessert, kann auf Laotisch Hallo und Danke sagen und auf Khmer bis 10 zählen.
Ich habe dutzende großartige und inspirierende Menschen aus allen Teilen der Welt kennengelernt und hoffe, den ein oder anderen eines Tages wieder zu sehen.

Schon verrückt. Es gibt so vieles, auf das ich während der letzten acht Monate verzichtet habe: aus Kostengründen oft Komfort und gutes Essen (mancherorts bekommt man beides für kleines Geld aber eben nicht überall), meine Gitarre und meine elektrische Zahnbürste („Hättest du ja mitnehmen können“), Fußball (Anschauen allein reicht auf Dauer eben auch nicht) und nicht zuletzt – um nicht zu sagen: allen voran – auf direkten, nicht digitalen Kontakt zu jedem einzelnen Menschen, der mir etwas bedeutet (zum Glück wurden unterwegs einige Personen in diese Kategorie aufgenommen).
Und trotz all dieser Entbehrungen waren es die schönsten acht Monate meines Lebens. Ich bin so unendlich glücklich und dankbar, dass ich die Chance hatte, zu diesem Abenteuer aufzubrechen. Über ein halbes Jahr ohne Druck, ohne Stress, ohne Kompromisse, ohne sich vor irgendwem für irgendetwas rechtfertigen zu müssen. Oder in einem Wort: Freiheit. Dieses Gefühl war für mich das Schönste an meiner Reise. Marius Müller-Westernhagen hat ja gesagt, sie sei das einzige, was zählt. Nun ja, soweit würde ich nicht gehen. Aber für mich steht fest, ich will dieses Gefühl noch öfter erleben. Deshalb wird das nicht meine letzte Reise gewesen sein. Das war erst der Anfang. Wenn es wieder an der Zeit ist, sage ich Bescheid und werde euch auch diesmal davon erzählen.

„Heute ist nicht alle Tage. Ich komm wieder, keine Frage“ …

Que voy a hacer? Je ne sais pas

Nur noch gut eine Woche in Südamerika war übrig und der Weg bis Quito nicht mehr weit. Wie schon in Riobamba war der Plan, eine Wanderung auf einem Vulkan zu machen. Dieses Vorhaben wollte ich von Latacunga aus organisieren. Doch leider schien es außer mir niemanden zu geben, der den Cotopaxi erklimmen wollte. Es kam also keine Gruppe zustande, der ich mich hätte anschließen können und den Trip allein zu machen, wäre viel zu teuer gewesen. Da Latacunga selbst relativ wenig zu bieten hat, hielt es mich dort auch nicht länger als eine Nacht. Ich erreichte somit bereits sieben Tage vor meinem Flug die ecuatorianische Hauptstadt.

Viel Zeit für einen einzigen Ort, aber ich hoffte, Quito könnte mir vielleicht ähnlich gut gefallen wie Buenos Aires. Mein Problem war nämlich, dass ich so kurz vor der Zielgeraden nicht mehr wirklich Lust auf Ortswechsel hatte. Es kam wie es kommen musste: Ich fand die Altstadt (mehr habe ich von Quito noch nicht gesehen) zwar ganz nett, aber schon nach kurzer Zeit eher langweilig. So vergingen eineinhalb Tage, in denen ich viel zu viel Zeit im Hostel aber durchaus auch einige Stunden in den Straßen Quitos verbrachte, wo mir die Fülle an Menschen und das ständige Geschrei der Händler, die von Schuhsohlen über Fernbedienungen alles anbieten, was man braucht oder eben auch nicht braucht, einfach zu sehr auf den Zeiger gingen.

Glücklicherweise konnte ich mich dann doch noch zu einer weiteren Busfahrt aufraffen. Mindo wurde mir schon des Öfteren empfohlen und nach der nur zweistündigen Fahrt war ich sehr froh, mich nochmals auf’s Land begeben zu haben. Das Gebiet um den beschaulichen Ort hätte ich für mich unter Regenwald verbucht. Jedoch sagt das allwissende Internet, es handle sich hierbei um Nebelwald und der Name ist Programm. Sieht klasse aus, wenn die grünen Berghänge größtenteils im Verborgenen liegen. Aber Regen im klassischen Sinne gibt es auch, wie ich am eigenen Leib zu spüren bekam. Nachdem ich meine Runden bei den gut 5 Kilometer von der Stadt entfernten Wasserfällen gedreht hatte und eine Taxifahrt dankend abgelehnt hatte, begann es sich so richtig schön einzuregnen. Mit einer guten Regenjacke ausgestattet kann man da aber ganz entspannt und in freudiger Erwartung einer heißen Dusche weitermarschieren.

Mindo war genau richtig, um mich wieder aus meiner kürzlich aufkeimenden Lethargie zu holen. Abschließend geht es nun nochmal ins Big City Life. Erst zwei Tage in Quito und von dort fliege ich dann über den großen Teich nach Madrid, wo meine Reise enden wird.

Here we are now … entertain us

Da habe ich vielleicht getönt beim letzten Mal. Alles Kalkül versteht sich. Denn nun gab es für mich zwei Möglichkeiten. Nummer 1: Sich irgendwas spektakuläres ausdenken, was ich gar nicht gemacht habe. Warum sollte ich auf diesem Kanal lügen? Niemand hätte es je herausgefunden. Oder Variante Nummer 2: Worten Taten folgen lassen. Option 1 kam natürlich mitnichten infrage. Mein schlechtes Gewissen hätte mich überall hin verfolgt.

Also habe ich mich nach der heißersehnten nur eine Stunde dauernden Busfahrt nach Baños gleich nach einem angemessenen Freizeitprogramm umgesehen. Die Wahl fiel auf eine Fahrt zur Casa del Arbol (zu deutsch: Baumhaus. Oh mein Gott klingt das langweilig. Aber es ist nunmal ein Baumhaus). Der bestellte Bus traf allerdings nicht ein und für alternative Vorhaben war es danach leider zu spät. Dass die Busfahrt ins Wasser fiel, stellte sich aber im Nachhinein als Glücksfall heraus, denn die Strecke dorthin lässt sich auch zu Fuß bewältigen, wie ich später herausfand. Das spart fünf Dollar und macht außerdem viel mehr Spaß.

Der Aufstieg war nicht ohne. An manchen Stellen war das Gelände so steil und rutschig, dass man Probleme hatte, überhaupt vorwärts zu kommen. Jedoch gab es auch schöne Aussichtspunkte mit Blick auf Baños und nach wenigen Stunden erreichte ich die Casa del Arbol. Die haben da schlicht und ergreifend ein Baumhaus hingestellt, eine Schaukel dranmontiert und dann gibt es noch ein paar Baumstämme zum balancieren. Einen Dollar zahlt man Eintritt. Das mag sich nun womöglich etwas unspektakulär anhören und wahrscheinlich ist es das auch. Aber wenn man sich das ganze zu Fuß selbst erarbeitet hat, ist es richtig schön. Wäre ich mit dem Bus gefahren, hätte ich es ziemlich sicher totlangweilig gefunden.

Aus marketing-technischer und wirtschaftlicher Sicht finde ich es genial. Die Casa del Arbol ist eine der beliebtesten Attraktionen in Baños: Sehr gut besucht und durch Restaurants und den Transport dorthin wird gutes Geld verdient. Und das Konzept ist so simpel. Es ließe sich überall umsetzen. So viel dazu.

Ein weiterer schöner Ausflug, den ich gemacht habe, ist mindestens genauso gut organisiert. Entlang der sogenannten Ruta de las Cascadas gibt es einige Wasserfälle zu sehen. Krönender Abschluss ist dabei der Pailon del Diablo. Viel näher als dort kann man einem Wasserfall nicht kommen. Nachdem man sich ein paar Meter durch einen nur gut einen Meter hohen Gang geschlichen hat, steht man fast direkt unter den herunterdonnernden Wassermassen.

Was meine ich mit gut organisiert? Man bewältigt die gut 20 Kilometer lange Strecke, die auf dem Hinweg überwiegend bergab verläuft, mit dem Fahrrad und kann sich danach mitsamt seinem Drahtesel in einem Lastwagen bequem zurück nach Baños kutschieren lassen. Ein sehr gelungener Tagesausflug bei wieder einmal herrlichem Wetter, das mir seit nunmehr acht Monaten immer noch ein treuer Begleiter ist.

Ein weiterer Tag wurde erneut mit Wandern verbracht. Diesmal fand ich eine Route, die fast völlig verwaist war. Nur zwei Einheimische und ein Pferd kreuzten meinen Weg. Ansonsten hatte ich viel Zeit für mich. Etwas das ich immer sehr genieße.

Und dann hab ich mir noch was Tolles überlegt: Bungee Jumping. Das wäre eigentlich was für Neuseeland gewesen. Die Kiwis haben das nämlich erfunden, wenn ich mich recht entsinne. Als ich dort war, hätte ich es wahrscheinlich auf den Preis geschoben. Noch näher an der Wahrheit wäre es jedoch zu sagen, ich hab mich damals einfach nicht getraut. 50 Meter waren angekündigt. Soviele waren es definitiv nicht. Aber doch genug, um sich vor dem Absprung die Frage zu stellen, ob ich diese 20$ nicht doch sinnvoller hätte investieren können. Jedoch gab es im Falle eines plötzlichen Sinneswandels kein Geld zurück und außerdem waren viel zu viele Zuschauer zugegen, um sich die Blöße zu geben und zu kneifen. Also 3,2,1 und ab …

War gut. Ein bisschen kurz zwar aber extrem witzig. Das muss ich bei Gelegenheit nochmal machen.