Everyday is a winding road

Seit ich Puerto Varas verlassen habe, ist der Abenteuer-Charakter endlich wieder da. Und wie! Mit dem Bus ging es zunächst nach Hornopiren. Bis ich meinen ersten Stopp auf der Carretera Austral erreichte, vergingen gut vier Stunden und das für eine Strecke von ca. 50 Kilometern. Dort angekommen bestätigt sich meine Vermutung, wonach die Unterkunftssuche in dieser Region ein absolutes Kinderspiel ist. Wie auch die nächsten Tage zeigten, besitzt jeder Ort mit einer vierstelligen Einwohnerzahl (diese werden im Reiseführer jeweils als wirtschaftliche Zentren deklariert) eine Vielzahl an günstigen Zimmern. Da freut sich der Bub. Denn da muss nichts im Voraus reserviert werden und man ist maximal flexibel. Und Spontanität ist ja so ziemlich das höchste Gut auf einer Reise.

Schlafen ist damit geklärt. Essen gibt’s auch genug: Viel Brot, frisches Obst (also meine Hauptnahrungsmittel), alles da, was man braucht und nicht mehr. Erstaunlich guten Internetzugang gibt es auch. Die Diskussion, ob das in den Bereich Alles-was-man-braucht fällt, sparen wir uns an dieser Stelle. Ich persönlich begrüße derartige Annehmlichkeiten. Aber viel zu tun gibt es nicht. Es galt also, sich gleich um die Weiterreise zu kümmern. Chaiten hatte ich als nächstes Ziel auserkoren. Ein Bus dorthin würde sich anbieten. Bis Samstag (es war Dienstag) sind aber alle ausgebucht. Schön. Dann muss es anders gehen. Fünf Tage Hornopiren waren keine Option, wo ich mich doch in Santiago schon nach zwei Tagen gelangweilt habe.

Ich stand also am nächsten Morgen früh auf und lief auf Verdacht zum Hafen. Wie es der Zufall (auch bekannt als das mich ständig begleitende Glück) es wollte, legte die nächste Fähre in knapp einer Stunde ab. Die Reise konnte also weitergehen. Dreieinhalb Stunden später erreichte die Fähre ihr Ziel. Wie dieses heißt, kann ich euch nicht sagen. Es war nur eine Bootsanlegestelle. Keine Häuser, kein Garnichts. Was es gab, war eine einspurige Straße und einen Bus für diejenigen, die kein eigenes Auto mitgebracht hatten. Mit diesem ging es nur wenige Kilometer zur nächsten Fähre. Der zugehörige Hafen oder vielmehr dessen Umgebung war so schön, dass einem die Wartezeit bis alle Vehikel wieder einsortiert waren, völlig egal war.

Nochmal eine Stunde später und ich war in Caleta Gonzalo wieder an Land. Und ab da wurde es spannend. Drei kleine Holzhütten und eine Cafeteria gab es dort. Bleiben konnte ich hier nicht. Ich musste weiter nach Chaiten. Ein lange Schlange an Autos (auf dem Weg in die Richtung, aus der ich gekommen war), viele bereits wartende Backpacker und dazu die Neuankömmlinge, die nun die Fähre verließen. Da war was los. In dem Getümmel versuchte ich mir eine gute Position zu verschaffen und hoffte wie ein paar Dutzend weitere auf eine Mitfahrgelegenheit. Diese ergab sich dann dank eines LKW-Fahrers, dessen Herz für Rucksackreisende genauso groß war wie die Ladefläche seines Gefährts. Dort tummelten sich nämlich sage und schreibe 38 Personen plus Gepäck. Und in diesem Gedränge fand einer doch tatsächlich noch Platz und Nerven, seine Gitarre auszupacken. So wurde die einstündige Fahrt ein irres Erlebnis mit einer holprigen Schotterpiste, staubigem Fahrtwind sowie einer musikalisch untermalten beeindruckenden Landschaft aus Bergen und Wäldern.

Mission accomplished! Ich war in Chaiten. Es gäbe auch Busse, die von Puerto Montt über Hornopiren nach Chaiten fahren. Also eben jene von mir beschriebene Strecke, die ich in zwei Tagen zurückgelegt habe. 10 Stunden inklusive nicht weniger als drei Fährverbindungen und das für sagenhaft günstige 10000 Pesos, was nicht einmal 15€ entspricht. Ich hätte diesen Bus auch mit dem größten Vergnügen genommen. Aber jetzt kommt’s: Mein Ticket nach Hornopiren kostete 4000 Pesos, die Fähre nach Caleta Gonzalo 5730. Das heißt, ich hab mir 30 Cent gespart. Da geht einem doch das Herz auf.

So oder so ähnlich ging es in der Folge weiter. Meistens einen Tag, höchstens zwei am selben Ort bleiben und dann sehen, wie man weiterkommt. Dazwischen ein wenig Wandern oder einfach am See Steine hüpfen lassen. Es ist herrlich hier. Ich genieße jeden einzelnen Meter auf dieser Straße und jeden Zwischenstopp unterwegs. Das Wetter ist wechselhaft, was der Sache aber keinen Abbruch tut. Städte wie Hornopiren oder Puyuhuapi sehen nämlich nebelverhangen so grandios und mysteriös aus, dass ich sie gar nicht bei strahlendem Sonnenschein sehen muss. Mein aktueller Standort ist Coyhaique. Die mit weitem Abstand größte Stadt entlang der Carretera Austral markiert zugleich auch die halbe Strecke. Sechs Tage hat es bis hierher gedauert. Mensch bin ich wieder flott unterwegs. Geht fast einen Tick zu schnell, wo es mir hier doch so gut gefällt.

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