Völlig am Ende … der Welt

War dann doch gar nicht so schlimm wie befürchtet. Auch wenn es einen während der Fahrt ärgert, mindestens alle vier Stunden aussteigen zu müssen, liegt vielleicht genau darin das Geheimnis, dass man am Ende der Reise dann doch nicht völlig am Ende ist. Grund für die zahlreichen Pausen waren neben dem Umsteigen in Rio Gallegos die Ein- und Ausreiseformalitäten. Um das nochmal klarzustellen: Sowohl El Calafate als auch Ushuaia liegen in Argentinien. Trotzdem hat man bei der Ankunft vier Stempel mehr im Pass. Schuld daran ist der sehr kuriose Verlauf der Grenze zwischen Argentinien und Chile ganz im Süden des Kontinents. Müsst ihr euch mal anschauen. Aber wenn man die Strecke geflogen wäre, hätte man mehr bezahlt und zudem die Landschaft nicht gesehen. Naja, um ehrlich zu sein: Es gibt nichts zu sehen. „Pampa“ sagen wir ja gerne umgangssprachlich, wenn irgendwo so rein gar nichts ist. Das trifft zwar auf 90% der Strecke von El Calafate nach Ushuaia zu, aber die echte Pampa ist ein Gebiet nördlich davon. Da muss man hier genau sein.

Mit seiner Lage am Beagle Kanal und von Bergen eingerahmt ist Ushuaia selbst dann doch ganz charmant. Dennoch rührt die Anziehungskraft der Stadt wohl eher von der äußerst cleveren Vermarktung als „Ende der Welt“. Ob Ushuaia wirklich den inoffiziellen Titel südlichste Stadt der Welt verdient, hängt davon ab, wie man „Stadt“ definiert. Denn südlichere Orte gibt es sehr wohl (wiederum in Chile). Soviel dazu. Sollen die unter sich ausmachen.

Fakt ist: Ushuaia ist sehr beliebt, bei einheimischen und ausländischen Touristen. In der Hauptsaison soll es kaum machbar sein, spontan ein Zimmer zu bekommen. Durch mein gutes Timing habe ich diese Zeit um knapp eine Woche verpasst. Wenig Auswahl gab es zwar immer noch und ich musste nach zwei Tagen das Hostel wechseln, aber im großen und ganzen war das kein Problem. Es scheint nämlich so zu sein, dass viele Leute denken, pünktlich zum März schlage in Patagonien und Feuerland das Wetter um und deshalb endet die Hochsaison exakt mit dem 1.3. (2016 sogar einen Tag später dank Schaltjahr).

Mit der Nachfrage und der extremen Lage gehen natürlich auch entsprechende Preise einher. Die vielen mehr oder minder spannenden Angebote lassen sich einteilen in: ziemlich teuer, unverschämt teuer und absurd teuer (Stichwort: Antarktis-Kreuzfahrt). Klar, ich bin ein reicher Europäer und ich beschwere mich (insbesondere auf diesem öffentlichen Kanal) nur ungern, aber ich finde es einfach frech, wenn für den Bus in den nur 12km entfernten Nationalpark hin und zurück über 10€ verlangt werden. Dass der Eintritt für den Parque Nacional Tierra Del Fuego dann nochmal 10€ pro Tag kostet, kommt hinzu, ist aber schon eher vertretbar. Schließlich nimmt man ja ganz gutgläubig an, das Geld fließe in den Erhalt des Parks. Für Essen gilt dasselbe wie für die Unterkünfte. Man hat wenig Auswahl und bekommt auch nicht viel für sein Geld.

So, genug des Echauffierens. Demnächst geht’s in den Norden Argentiniens. Da gibt es wieder mehr zu essen, das Thermometer steigt und die Preise sinken. Und das Geld für den Bus hab ich letztendlich auch nicht zahlen müssen. Zum Nationalpark bin ich gelaufen. Am Eingang dann gab’s eine Karte, die mir offenbarte, dass es wohl doch besser gewesen wäre, in den Bus zu investieren. Denn der Ausgangspunkt vieler Wanderwege lag nochmal 10km entfernt. Mit schon ein paar Kilometern in den Beinen wurde die Wahl meiner Route zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass sich meine Karte unter dem strömenden Regen aufzulösen begann, wann immer ich einen Blick auf sie warf. Eine kleine, einstündige Runde hab ich dann gedreht und danach war die anfangs noch vorhandene Motivation auch erschöpft. Bilanz: Drei Stunden laufen (im Regen), davon nur eine Stunde im Nationalpark selbst und dafür 10€ gezahlt. Das klingt sehr ernüchternd, hat aber irgendwie Spaß gemacht. Zudem wurde ich auf dem Heimweg von einem amerikanischen Pärchen aufgelesen und sparte mir so zwei weitere Stunden im Dauerregen.

Das waren meine persönlichen Eindrücken vom Ende der Welt. Vielleicht war es aus dem Subtext herauszulesen, dass ich es dort nicht sooo wahnsinnig toll fand. Aber wie immer in solchen Fällen würde meine Antwort, wenn mich jemand fragt, ob es einen Besuch wert sei, lauten: „Mir hat’s ja nicht so gut gefallen. Aber du solltest es dir unbedingt ansehen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert