Zurück in die Zukunft

Nach drei äußerst entspannten Tagen in Auckland heißt es nun Abschied nehmen von Neuseeland, auch diesmal verbunden mit dem Wunsch, es irgendwann wiederzusehen. Es gibt schlicht und ergreifend zu viele Orte, die ich nicht besuchen konnte. Ob das klappt, steht in den Sternen. Beschäftigen wir uns lieber mit Reisezielen, die schon fest eingeplant sind.

Damit kommen wir vom an Nummer 1 gesetzten Neuseeland zum Underdog aus Tahiti. Wieso Underdog? Weil Tahiti (und das ist jetzt nicht böse gemeint) eigentlich nur Mittel zum Zweck ist, als einzige Möglichkeit, die Osterinsel aus Richtung Westen anzufliegen. Hinzu kommen diverse Erfahrungsberichte aus dem allwissenden Internet, die meine Erwartungshaltung erheblich nach unten schrauben. Tahiti sei schweineteuer und im Gegensatz zu den umliegenden Inseln nicht mit den weißen Traumstränden gespickt, wie man sie aus dem Reiseprospekt kennt. Und ausgerechnet hier bekomme ich einen Tag geschenkt. Das sollte ich erklären: Die Überquerung der Datumsgrenze macht es möglich, dass ich am 21. Januar fliege und, Obacht, am 20. Januar lande. Die Zeitverschiebung beträgt für mich dabei lediglich eine Stunde. Korrekterweise müsste es 23 Stunden heißen aber wir wollen ja hier keine Erbsen zählen und Verwirrung sollte nun auch in ausreichendem Maße gestiftet worden sein.

Ich lass es einfach auf mich zukommen. So schlimm kann es dort doch gar nicht sein. Das ist die Südsee, also bitte…

Hitching, Hobbits, heiße Quellen

Viel Zeit blieb nicht mehr für mich in Neuseeland. Mit Auckland und Rotorua standen nur noch zwei Orte auf meiner To-do-Liste. Ein bisschen wenig für 10 Tage. Da kam mir der Tipp eines Mitreisenden sehr gelegen. Er empfahl mir auf dem Weg zwischen den beiden Städten doch noch nach Coromandel zu schauen, einer Halbinsel im Norden des Landes. Schon stand der Fahrplan für die kommenden Tage und diese hatten noch einmal viel Schönes zu bieten. Darunter einige Dinge, die beispielhaft für dieses Land sind, weshalb ich schon jetzt meine persönliche Neuseeland-Bilanz ziehen möchte.

Aber zunächst zur letzten Woche. Rotorua ist Neuseelands Hotspot wenn es um geothermale Aktivitäten geht. Einige Parks in und im Umkreis der Stadt locken mit dampfenden Seen, die teilsweise in bunten Farben schimmern, während die Luft so angenehm nach Schwefel duftet. Meine Favoriten sind aber die Schlammtümpel, die in unregelmäßigen Abständen vor sich hin blubbern. Blub, blub, blllllub. Großartig! Darüber hinaus startete ich von Rotorua einen Ausflug zum Hobbiton Movie Set, der Filmkulisse aus Der Herr der Ringe und Der Hobbit. Da staunt man nicht schlecht. Eine wunderschöne Anlage bestehend aus grünen Hügeln, Gärten und dutzenden Hobbit-Höhlen in verschiedenen Größen. Dazu gibt es viele interessante Informationen zu den Dreharbeiten und der Detailversessenheit von Regisseur Peter Jackson, die an jeder Stelle des Areals sichtbar ist. Sehr gut investiertes Geld diese Tour.

Dann gings also weiter zur Coromandel Peninsula und das nur mit einer sehr vagen Vorstellung davon, wie und wo ich dort die Zeit verbringen würde. Ich machte mich auf den Weg zum Stadtrand von Rotorua und wurde dort nach einem gut einstündigen Fußmarsch und einer für neuseeländische Verhältnisse recht langen Wartezeit von einem LKW-Fahrer mitgenommen. Seine Tour führte zwar nicht auf dem kürzesten Weg nach Coromandel aber zumindest in die Nähe. Es war meine bisher längste (private) Einzelfahrt und allein mit den Geschichten, die mir Walter erzählte, könnte man drei Bücher füllen. Deshalb nur soviel: Die Fahrt war sehr unterhaltsam und informativ. Fünf Uhr war es dann schon, als er mich in Waihi aussteigen ließ, das noch knapp 100 km von Whitianga entfernt war, das ich mir spontan und ohne triftigen Grund als Tagesziel erwählt hatte. Meine nächste Fahrerin hieß Jane und sie bot mir an, bei ihrer Familie in deren Ferienhaus in Whiritoa übernacht zu bleiben. Dankend habe ich dieses Angebot angenommen und einmal mehr die schier grenzlose Gastfreundschaft der Kiwis erfahren dürfen. Die restliche Strecke nach Whitianga legte ich dann am folgenden Tag mit drei verschiedenen Fahrern zurück. Dabei nahmen mich zwei Jungs aus Neuseeland auf einen kleinen Abstecher zu einer abgelegenen Stelle an einem Fluss mit, wo man sich von einem Seil aus ins Wasser schwingen konnte. Etwas, dass ich bis jetzt leider noch nie gemacht habe, ein Riesenspaß. In Whitianga war’s dann so schön, dass ich ganze drei Nächte dort geblieben bin. Entspannen am Strand, mal wieder ein bisschen Party machen und Filme schauen im Hostel stand da auf dem Programm.
Sechs Wochen Neuseeland sind damit vorbei. Was in Erinnerung bleibt, sind (speziell auf der Südinsel) die erhofft traumhaft schönen Landschaften, wegen derer ich Neuseeland unbedingt sehen wollte. Womit ich nicht gerechnet hatte, war wie unfassbar lieb und freundlich die Menschen hier sind. Vor kurzem habe ich einen Spruch gelesen, welcher lautete: Wenn du mehr hast, als du brauchst, baue keinen höheren Zaun sondern einen längeren Tisch. Die Kiwis oder zumindest einige, die ich getroffen habe, leben diesen Vorsatz. Man bekommt einen Platz zu schlafen und Essen angeboten, ohne dass dafür eine Gegenleistung erwartet wird und obwohl man nachvollziehen könnte, wenn den Einheimischen die Anzahl der Gäste aus dem Ausland zu viel wäre, erzählen sie einem oft mit dem größten Vergnügen Wissenswertes und Unterhaltsames über ihr Land und geben einem jederzeit das Gefühl, hier willkommen zu sein. In Anbetracht dessen was zur Zeit in Deutschland passiert, könnten sich da einige eine Scheibe abschneiden.
Trotz alledem war das Reisen als solches nicht so schön wie in Asien. Ich habe viel darüber nachgedacht, was mir hier nicht hundertprozentig gepasst hat und ein paar Anhaltspunkte habe ich in den letzten Wochen schon gegeben. Dann kommt man auch immer schnell auf die vielgehörten Argumente: Zu westlich, zu touristisch. Ich weiß nicht. Das sind beides Dinge, die ich nicht pauschal als schlecht bezeichnen will. Was die Kosten angeht, die mich anfangs sehr genervt hatten, habe ich festgestellt, dass es durchaus großes Einsparpotenzial gibt. Nichtsdestoweniger denke ich, dass hier der Hund begraben liegt. Speziell beim Essen habe ich schon jeden Cent zweimal umgedreht und wenn man sich in dieser Hinsicht wenig gönnt, läuft es oft auf Fastfood oder Toast hinaus. Und da Essen Lebensqualität ist, leidet diese natürlich wenn an den meisten Tagen Pommes, Burger und Pizza auf dem Speiseplan stehen.
Einen Abschnitt möchte ich dann noch dem Hitchhiking, also dem Fahren per Anhalter widmen. Man hört ja viel über die Risiken, die es natürlich gibt und ich habe Verständnis für jeden, der niemanden mitnimmt und jeden der niemals mit einem Fremden mitfahren würde. Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich sehr froh bin, es gewagt zu haben. Ich habe keine einzige schlechte Erfahrung damit gemacht. Ganz im Gegenteil. Man trifft viele großartige Menschen und kommt an Orte, an die man sonst nicht gelangt wäre. Und ganz nebenbei spart man Geld. Aber keine Sorge Mama. Ich werd das nicht überall machen.

Das Leben ist kein Ponyhof

Ich muss mich hier mal kurz beschweren und meinem Ärger Luft machen. Aber vorne weg: Im Folgenden wird auf schwindelerregend hohem Niveau gejammert und es geht um Dinge, die sich erstens nicht ohne Weiteres ändern werden lassen und zweitens auch irgendwo ihren Sinn und ihre Berechtigung haben. Und wie sagt man immer so schön: „Das Leben ist kein Ponyhof.“ Doch jetzt tun wir für einen Moment so, als wäre es ein Ponyhof, und zwar meiner! Dann nämlich wären nicht gefühlt 4 von 5 Neuseelandreisenden Deutsche. An jedem Einzelnen ist charakterlich nichts auszusetzen. Alle lieb, alle freundlich, einwandfrei. Aber wenn im Hostel mehr deutsch als englisch gesprochen wird und einem bald keine kreativen Antworten mehr auf die Frage, ob denn überhaupt noch jemand zuhause in Deutschland ist, einfallen, dann fängt es an, mir auf den Geist zu gehen.

Was es außerdem in meinem persönlichen neuseeländischen Ponyhof nicht geben würde, sind Lookouts (=Aussichtspunkte), die man mit dem Auto erreichen kann. Grundsätzlich besitze ich ein sehr gutes Verhältnis zu diesen Lookouts und das ist noch untertrieben formuliert. Es ist vielmehr so, dass ich beim Anblick eines entsprechenden Wegweisers alle etwaigen Ideen und Pläne umgehend verwerfe und mein einziges Ziel nur noch darin besteht, dorthin zu laufen, weil man am Ende des Weges bisweilen mit einer grandiosen Aussicht belohnt wird. LAUFEN wohlgemerkt. Denn wenn besagter Lookout durch Straßen zugänglich ist, erhöht sich die Zahl der dort Anwesenden um den Faktor 10. Unnötig zu erwähnen, dass es umso schöner ist, je weniger Menschen man hat, mit denen man die Aussicht teilen muss äh … darf meinte ich natürlich. So, jetzt hab ich alles aufgeschrieben, was mich stört. Schon geht’s mir besser.

Ach ja, in den letzten drei Tagen war ich übrigens in Napier. Die Hälfte der Gäste im Hostel waren Deutsche und es gibt in der Stadt einen tollen Lookout, zu dem man ganz bequem mit dem Auto fahren kann. War sehr schön dort.

Wiedersehen macht Freude

Kaikoura ist ein absolutes Muss für alle Tierfreunde unter den Neuseelandurlaubern. Seehunde, Wale und Delfine gibt es hier zu sehen. Auf die Gefahr hin, dass mir an dieser Stelle viel Unverständnis entgegenschlägt: Ich finde sowas wenig interessant. Trotzdem hat das zu dieser Zeit des Jahres sehr gut besuchte Örtchen auch für mich viel Schönes zu bieten: Wanderwege, Berge und Strände. Zugegeben, es sind bisweilen keine Sandstrände. Sie sind eher steinig. Aber das wäre auch zu frech angesichts der bereits vorhandenen Vorzüge. In den zwei Tagen dort war ich oft auf den Beinen, um die Umgebung aus möglichst vielen Blickwinkeln bewundern zu können. Und das größtenteils mit meinen Flip-Flops, die schon von Anfang an dabei sind, immer einen großartigen Job gemacht haben, aber nach diesen beiden strapaziösen Tagen ihrem Karriereende entgegensehen.

Damit war das Kapitel Neuseelands Südinsel für mich fast abgeschlossen. Einen ganz entspannten Tag in Picton gab es noch zum Abschluss. Durch die hiesige Fährverbindung zur Hauptstadt auf der Nordinsel führt an Picton und Wellington im wahrsten Sinne des Wortes kein Weg vorbei. Also gab es mit beiden Städten ein Wiedersehen, drei Wochen nachdem ich zum ersten Mal da war. Besonders auf Wellington habe ich mich sehr gefreut. Kaum ein Ort in Neuseeland ist besser geeignet, um sich an einen gemütlichen Platz zu setzen und einfach nur Leute zu beobachten. Von denen laufen nämlich viele, mitunter sehr amüsante, durch die Straßen.

An Tag zwei zeigte die Hauptstadt dann aber, warum sie auch „Windy Welly“ genannt wird. Bei starken Windböen und Regenschauern macht das Rumsitzen in der Fußgängerzone eher wenig Spaß. Es musste ein alternativer Plan her und so nutzte ich den Tag für einen Besuch des neuseeländischen Nationalmuseums Te Papa. Wenn ich jetzt aber sage, dass ich mit Museen in der Regel auch nicht viel anfangen kann, kommt ihr aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus. Deshalb lass ich es lieber und mach Schluss für heute.

Im Osten nichts Neues

Um euch routentechnisch wieder auf den neuesten Stand zu bringen: Dunedin, Oamaru und Christchurch waren die letzten Stationen. Das heißt ab jetzt geht es entlang der Ostküste wieder Richtung Norden. Die Überschrift verrät es bereits, viel nennenswertes ist nicht passiert um den Jahreswechsel und seit Oamaru greift doch tatsächlich die Langeweile um sich. Das ist ja hier kein Reiseführer, also muss ich die Orte nicht schönreden. Oamura und Christchurch fand ich total uninteressant. Besonders Christchurch war sehr enttäuschend. Von der zweitgrößten Stadt Neuseelands hat man am wahrscheinlichsten im Zusammenhang mit den schweren Erdbeben gehört, die den Ort vor wenigen Jahren erschütterten. Ich weiß nicht wie Christchurch davor aussah, aber leider bleibt heute nicht viel mehr als das Image als Stadt, die aus den Trümmern wiederaufersteht. Die Innenstadt ist eine einzige Baustelle mit vielen leeren Flächen und Hauswänden, an denen sich kreative Leute künstlerisch ausgetobt haben. Aus meiner Sicht sind diese Street-Art-Geschichten das Sehenwerteste. Was man den Bewohnern aber zugute halten muss, ist der humorvolle Umgang mit dem Neuanfang. Denn es braucht schon eine kleine Portion Sarkasmus, um eine Ansammlung von Wohnwägen und Containern als Re:start City Mall zu betiteln.

Eine nennenswerte Sache ist aber doch passiert. Kategorie: Raus aus der Komfortzone. Ich bin jetzt vom öffentlichen auf den privaten Personenverkehr umgestiegen. Will heißen, ich fahr per Anhalter und gleich die erste Fahrt war spitze. Darren aus Auckland hat mich mitgenommen und damit nicht genug, er hat mir auch noch einen Platz auf seiner Couch angeboten, wenn ich in dorthin zurückkomme. Daumen hoch für soviel Gastfreundlichkeit.

Oh my god i can’t believe it. I’ve never been this far away from home

Wusstet ihr, dass wenn man von Deutschland aus ein Loch buddelt, das exakt durch den Erdmittelpunkt verläuft, man in Neuseeland wieder herauskommen würde? Somit ist Neuseeland buchstäblich am anderen Ende der Welt. Das ist an und für sich schon ziemlich witzig. Was das Ganze für mich so besonders macht, ist die Tatsache, dass ich auf den Tag genau vor einem Jahr den Entschluss gefasst habe, heute irgendwo aber definitiv nicht in Deutschland zu sein. Soviel zu den Vorsätzen für’s neue Jahr. Ich hab meinen umgesetzt. Ich erhebe meine Hand für ein episches High-Five mit meinem ein Jahr jüngeren Ich und rufe ihm zu: Mission accomplished!

King of Queenstown Hill

Ich bin ja ein Riesenfan von King-of-the-Hill-Bildern. Keine Ahnung ob es diesen Ausdruck offiziell gibt. Wenn nicht, habe ich ihn hiermit erfunden. Soll heißen, man läuft auf einen Hügel, der vermeintlich im näheren Umkreis die höchste Erhebung ist und macht dort ein Foto von sich. Der Unterschied zu einem handelsüblichen Selfie (sofern man sich nicht von einer anderen Person fotografieren lässt) ergibt sich somit lediglich aus der buchstäblichen Überlegenheit des Orts, an dem man sich befindet. Sowas geht auch in Queenstown hervorragend. Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Macht schon was her die Aussicht vom Queenstown Hill. Mit dieser Wanderung und dem Tiki-Trail, der auch auf einen anderen Hügel in Queenstown führt, war der eine verfügbare Tag schon gut gefüllt. Zur Stärkung gab’s dann noch den berühmten Fergburger. Dieser war definitiv die 40 Minuten Wartezeit wert.

Über die Feiertage war ich dann, wie angekündigt, in Te Anau. Mit Weihnachtsstimmung wie man sie aus weiten Teilen der Nordhalbkugel kennt, hatte das bei gut 20 Grad und Plastikbäumen wenig zu tun. Heiligabend selbst war einer der bisher langweiligsten Tage überhaupt. Das war aber nicht weiter schlimm, denn mein einziger Wunsch ging in Form eines kleines Blattes Papier in Erfüllung und so sang ich „All I want for Christmas is you“ … zu meinem Wlan-Gutschein, der mir eineinhalb Stunden Video-Chatten mit meinen Liebsten ermöglichte.

Weil für Neuseeländer erst am 25. Weihnachten ist, wurde im Hostel dann am folgenden Tag mit einem gemeinsamen Abendessen gefeiert. Anschließend wurde noch bis spät in die Nacht musiziert. Die Kirsche auf der metaphorischen Weihnachtstorte war dann (Vanessa, du hast es ja schon geahnt) eine Schifffahrt im Milford Sound am zweiten Weihnachtsfeiertag. Der Fjord im Südwesten des Landes ist wohl die bekannteste Sehenswürdigkeit Neuseelands. Entsprechend viele Touristen sind dort tagtäglich vor Ort. Tatsächlich hatte ich mir das Ganze aber schlimmer vorgestellt. Es war durchaus möglich, Bilder zu machen, auf denen keine Boote zu sehen sind. Selbstverständlich war das Wetter auch wieder perfekt. Aber um ehrlich zu sein, fand ich die Landschaft auf dem Weg nach Milford sogar noch beeindruckender als den Fjord selbst. Delfine hab ich übrigens keine gesehen. Dafür aber Seehunde. So oder so war es ein herrlicher Ausflug und ein grandioser Abschluss eines Weihnachtens, das viel schöner war, als ich es mir erhofft hatte.

Wanaka

Wanaka ist der Hammer! Ein See, die Berge dahinter … Die Aussicht ist einfach fantastisch. Hier kann man es definitiv länger aushalten. Fünf Tage sind es schlussendlich geworden. Richtig aktiv war ich hier nur einmal und zwar beim Weg zur gut 1500 Meter hohen Roys Peak. Drei Stunden bergauf und man wird, vorausgesetzt das Wetter passt, mit einer gigantischen Aussicht belohnt. Ja das Wetter ist mein bester Freund und hat mich wieder nicht im Stich gelassen. Beim Aufstieg war der Gipfel noch wolkenverhangen. Doch als wir oben ankamen, übernahm die Sonne das Kommando, sodass wir (trotz starkem Wind) knapp eineinhalb Stunden dort verbrachten.

Ansonsten war vorweihnachtliche Erholung angesagt. Bei sehr angenehmer, fast schon familiärer Atmosphäre im Hostel wurde sich die Zeit mit Sonnenbaden und Gitarre spielen vertrieben. Dazu wurde man auch hervorragend verköstigt. Unsere beiden Meisterköche Nick und Tobi bewiesen nämlich, dass man in Neuseeland auch für kleines Geld gesund und sehr lecker essen kann.

Weihnachten ist jetzt auch in trockenen Tüchern. In Queenstown war noch exakt eine Nacht zur Verfügung, und das für den 23.12.. Danach ist alles ausgebucht. Das muss dann halt reichen. Ich hab deshalb gleich Bus und Unterkunft für Te Anau organisiert, wo ich auf jeden Fall über die Feiertage sein werde. Ich bin ja eigentlich kein Fan des Im-Voraus-buchens aber diesmal hielt ich es für notwendig und ich muss gestehen, es gibt einem schon ein gutes Gefühl, zu wissen, dass für die nächsten vier Tage alles bereits organisiert ist. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und erholsame Feiertage.

Kaiserwetter

Entgegen meiner Ankündigung habe ich den Fuß noch nicht vom Gaspedal genommen. Zwei Tage in Nelson und ebenso nur zwei Tage in (ja der Ort heißt wirklich so) Franz Josef. Vereinfacht gesagt: immer im Wechsel ein Tag Busfahren, ein Tag wandern. Das war sogar noch schöner, als es sich anhört. In Nelson überzeugte vor allem das für hiesige Verhältnisse günstige Hostel. Das lag nicht zwingend am Ambiente, dem Komfort oder nettem Personal. Tatsächlich trat der Besitzer zumeist ausschließlich durch lautstarke Schimpftiraden in Erscheinung. Nein, der Pluspunkt war vielmehr, dass ich meinen Schlafsaal in beiden Nächten ganz für mich allein hatte. Das hat Seltenheitswert. Schließlich ist gerade absolute Hochsaison. Damit sind wir schon beim Thema und gleichzeitig dem Grund, warum ich diese beiden Orte in bester Erinnerung behalten werde. Denn obwohl hier im Moment Ferien sind und deshalb nicht nur Massen ausländischer Touristen herumlaufen, sondern zusätzlich das halbe Land auf Achse ist, gelingt es einem doch, sich kurze Augenblicke zu schaffen, die man ganz und gar für sich allein hat.

In Nelson war das (abgesehen von den Stunden im Zimmer) beim Spaziergang zum Centre of New Zealand der Fall. Zur Erklärung: Die Stadt im Norden der Südinsel rühmt sich damit, das geographische Zentrum des Landes zu sein. Man kennt ähnliche Orte dieser Kategorie, die todlangweilig und Touristenfallen erster Güte sind. Das ist hier nicht der Fall. Ein gut ausgeschilderter Wanderweg führt einen zunächst am Fluss entlang und strategisch clever ist das Zentrum Neuseelands auf einem Hügel platziert, der ein fantastisches Panorama bietet. Ich komme dort oben an … und außer mir keine Menschenseele. Ein Traum. Für diese Momente bin ich hier.

Auch in Franz Josef gab es so einen, aber dazu gleich mehr. Zuerst stand auf dem Weg dorthin eine der mit zehn Stunden längsten aber auch schönsten Busfahrten meiner Reise an. Größtenteils führte die Strecke an der Westküste entlang. Inklusive eines Abschnitts, der, wie Busfahrerin Chris uns wissen ließ, von Lonely Planet als eine der zehn schönsten Küstenstraßen der Welt gelistet wird. Überhaupt zeichnen sich sämtliche Busfahrer durch ihre Qualitäten als Tourguides aus, was die Fahrten sehr informativ und unterhaltsam macht. Zurück zur Strecke. In der Tat, für die Landschaften, die auf dem Weg von Nelson nach Franz Josef zu sehen sind, kann man die Superlative und Worte wie „malerisch“ oder „atemberaubend“ schon herausholen. Mir ist es sogar gelungen, ganz ordentliche Bilder aus dem Bus heraus zu knipsen. Auch wenn es natürlich schöner gewesen wäre, zwischendurch anzuhalten.

Einen hochinteressanten Stopp gab es aber. Dieser erfolgte in Punakaiki. Wieder ein Ereignis der Kategorie unverhofft kommt oft. Die dortige Attraktion, die soganannten Pancake-Rocks (Felsformationen, die aussehen wie übereinandergestapelte Pfannkuchen), hätte ich guten Gewissens ausgelassen. Aber unsere Mittagspause wurde just an diesen Ort gelegt. Die Sache hatte nur einen Haken. Wir wurden mit dem Hinweis aus dem Bus entlassen, dass der Rundweg zu den Felsen 20 Minuten in Anspruch nimmt und wir in 25 Minuten weiterfahren müssen. Zeitlich reichte das also. Nur hatte dieses Limit zur Folge, dass ich mich zum ersten Mal wie ein richtiger Tourist fühlte. Klar, ich bin ein Tourist, machen wir uns nichts vor. Aber ich meine die schlimmste Sorte von Tourist, ich nenn sie jetzt einfach den To-do-Listen-Touri. Will heißen, man fährt soviele der (meistens nach Meinung des Reiseführers) wichtigsten Sehenswürdigkeiten ab, macht kurz seine Fotos und kann dann behaupten, man wäre dort gewesen. So in etwa kam mir das in diesem Moment war. Aber hey! Ich war bei den Pancake-Rocks und hab super Bilder geschossen!

Dann kam ich also in dem kleinen Ort Franz Josef am Fuße des gleichnamigen Gletschers an. Schon von der Terrasse des Hostels aus war der Ausblick auf die Bergkulisse wunderschön. Natürlich kann man dem Gletscher aber noch deutlich näher kommen. Wie in Neuseeland üblich bieten sich dafür viele Möglichkeiten. Auf der einen Seite die von mir bevorzugte Variante, kostenlose Wanderwege zu verschiedenen Aussichtspunkten abzugrasen. Für das andere Ende des Spektrums gilt sowohl inhaltlich als auch finanziell: „Sky is the limit“. So kann man (zumindest in Franz Josef) nur dann eine richtige Gletscherwanderung machen, wenn man sich mit dem Helikopter hinfliegen lässt. Da bleib ich dann doch bei meiner Null-Euro-Tour. Die habe ich mir spontan vor Ort aus den vielen verfügbaren Wegen zusammenkombiniert. Heraus kam dabei eine sehr schöne, knapp achtstündige Wanderung bei stets strahlendem Sonnenschein.

Meinen oben bereits angekündigten magischen Moment hatte ich dabei am Lake Wombat. Den ca. 45 Minuten langen Weg dorthin nehmen scheinbar nicht ganz soviele Besucher auf sich. Ich war wieder ganz allein dort (für völlig ausreichende zehn Minuten jedenfalls). Der See, rundherum dichter Urwald und Vogelgezwitscher. So richtig schön kitschig. Dass man sich in diesen Augenblicken nicht vollkommen verliert, dafür sorgt dann der Helikopter, der über einen hinweg Richtung Gletscher fliegt.

So darf es gern weitergehen. Nächster Halt ist Wanaka