Que voy a hacer? Je ne sais pas

Nur noch gut eine Woche in Südamerika war übrig und der Weg bis Quito nicht mehr weit. Wie schon in Riobamba war der Plan, eine Wanderung auf einem Vulkan zu machen. Dieses Vorhaben wollte ich von Latacunga aus organisieren. Doch leider schien es außer mir niemanden zu geben, der den Cotopaxi erklimmen wollte. Es kam also keine Gruppe zustande, der ich mich hätte anschließen können und den Trip allein zu machen, wäre viel zu teuer gewesen. Da Latacunga selbst relativ wenig zu bieten hat, hielt es mich dort auch nicht länger als eine Nacht. Ich erreichte somit bereits sieben Tage vor meinem Flug die ecuatorianische Hauptstadt.

Viel Zeit für einen einzigen Ort, aber ich hoffte, Quito könnte mir vielleicht ähnlich gut gefallen wie Buenos Aires. Mein Problem war nämlich, dass ich so kurz vor der Zielgeraden nicht mehr wirklich Lust auf Ortswechsel hatte. Es kam wie es kommen musste: Ich fand die Altstadt (mehr habe ich von Quito noch nicht gesehen) zwar ganz nett, aber schon nach kurzer Zeit eher langweilig. So vergingen eineinhalb Tage, in denen ich viel zu viel Zeit im Hostel aber durchaus auch einige Stunden in den Straßen Quitos verbrachte, wo mir die Fülle an Menschen und das ständige Geschrei der Händler, die von Schuhsohlen über Fernbedienungen alles anbieten, was man braucht oder eben auch nicht braucht, einfach zu sehr auf den Zeiger gingen.

Glücklicherweise konnte ich mich dann doch noch zu einer weiteren Busfahrt aufraffen. Mindo wurde mir schon des Öfteren empfohlen und nach der nur zweistündigen Fahrt war ich sehr froh, mich nochmals auf’s Land begeben zu haben. Das Gebiet um den beschaulichen Ort hätte ich für mich unter Regenwald verbucht. Jedoch sagt das allwissende Internet, es handle sich hierbei um Nebelwald und der Name ist Programm. Sieht klasse aus, wenn die grünen Berghänge größtenteils im Verborgenen liegen. Aber Regen im klassischen Sinne gibt es auch, wie ich am eigenen Leib zu spüren bekam. Nachdem ich meine Runden bei den gut 5 Kilometer von der Stadt entfernten Wasserfällen gedreht hatte und eine Taxifahrt dankend abgelehnt hatte, begann es sich so richtig schön einzuregnen. Mit einer guten Regenjacke ausgestattet kann man da aber ganz entspannt und in freudiger Erwartung einer heißen Dusche weitermarschieren.

Mindo war genau richtig, um mich wieder aus meiner kürzlich aufkeimenden Lethargie zu holen. Abschließend geht es nun nochmal ins Big City Life. Erst zwei Tage in Quito und von dort fliege ich dann über den großen Teich nach Madrid, wo meine Reise enden wird.

Here we are now … entertain us

Da habe ich vielleicht getönt beim letzten Mal. Alles Kalkül versteht sich. Denn nun gab es für mich zwei Möglichkeiten. Nummer 1: Sich irgendwas spektakuläres ausdenken, was ich gar nicht gemacht habe. Warum sollte ich auf diesem Kanal lügen? Niemand hätte es je herausgefunden. Oder Variante Nummer 2: Worten Taten folgen lassen. Option 1 kam natürlich mitnichten infrage. Mein schlechtes Gewissen hätte mich überall hin verfolgt.

Also habe ich mich nach der heißersehnten nur eine Stunde dauernden Busfahrt nach Baños gleich nach einem angemessenen Freizeitprogramm umgesehen. Die Wahl fiel auf eine Fahrt zur Casa del Arbol (zu deutsch: Baumhaus. Oh mein Gott klingt das langweilig. Aber es ist nunmal ein Baumhaus). Der bestellte Bus traf allerdings nicht ein und für alternative Vorhaben war es danach leider zu spät. Dass die Busfahrt ins Wasser fiel, stellte sich aber im Nachhinein als Glücksfall heraus, denn die Strecke dorthin lässt sich auch zu Fuß bewältigen, wie ich später herausfand. Das spart fünf Dollar und macht außerdem viel mehr Spaß.

Der Aufstieg war nicht ohne. An manchen Stellen war das Gelände so steil und rutschig, dass man Probleme hatte, überhaupt vorwärts zu kommen. Jedoch gab es auch schöne Aussichtspunkte mit Blick auf Baños und nach wenigen Stunden erreichte ich die Casa del Arbol. Die haben da schlicht und ergreifend ein Baumhaus hingestellt, eine Schaukel dranmontiert und dann gibt es noch ein paar Baumstämme zum balancieren. Einen Dollar zahlt man Eintritt. Das mag sich nun womöglich etwas unspektakulär anhören und wahrscheinlich ist es das auch. Aber wenn man sich das ganze zu Fuß selbst erarbeitet hat, ist es richtig schön. Wäre ich mit dem Bus gefahren, hätte ich es ziemlich sicher totlangweilig gefunden.

Aus marketing-technischer und wirtschaftlicher Sicht finde ich es genial. Die Casa del Arbol ist eine der beliebtesten Attraktionen in Baños: Sehr gut besucht und durch Restaurants und den Transport dorthin wird gutes Geld verdient. Und das Konzept ist so simpel. Es ließe sich überall umsetzen. So viel dazu.

Ein weiterer schöner Ausflug, den ich gemacht habe, ist mindestens genauso gut organisiert. Entlang der sogenannten Ruta de las Cascadas gibt es einige Wasserfälle zu sehen. Krönender Abschluss ist dabei der Pailon del Diablo. Viel näher als dort kann man einem Wasserfall nicht kommen. Nachdem man sich ein paar Meter durch einen nur gut einen Meter hohen Gang geschlichen hat, steht man fast direkt unter den herunterdonnernden Wassermassen.

Was meine ich mit gut organisiert? Man bewältigt die gut 20 Kilometer lange Strecke, die auf dem Hinweg überwiegend bergab verläuft, mit dem Fahrrad und kann sich danach mitsamt seinem Drahtesel in einem Lastwagen bequem zurück nach Baños kutschieren lassen. Ein sehr gelungener Tagesausflug bei wieder einmal herrlichem Wetter, das mir seit nunmehr acht Monaten immer noch ein treuer Begleiter ist.

Ein weiterer Tag wurde erneut mit Wandern verbracht. Diesmal fand ich eine Route, die fast völlig verwaist war. Nur zwei Einheimische und ein Pferd kreuzten meinen Weg. Ansonsten hatte ich viel Zeit für mich. Etwas das ich immer sehr genieße.

Und dann hab ich mir noch was Tolles überlegt: Bungee Jumping. Das wäre eigentlich was für Neuseeland gewesen. Die Kiwis haben das nämlich erfunden, wenn ich mich recht entsinne. Als ich dort war, hätte ich es wahrscheinlich auf den Preis geschoben. Noch näher an der Wahrheit wäre es jedoch zu sagen, ich hab mich damals einfach nicht getraut. 50 Meter waren angekündigt. Soviele waren es definitiv nicht. Aber doch genug, um sich vor dem Absprung die Frage zu stellen, ob ich diese 20$ nicht doch sinnvoller hätte investieren können. Jedoch gab es im Falle eines plötzlichen Sinneswandels kein Geld zurück und außerdem waren viel zu viele Zuschauer zugegen, um sich die Blöße zu geben und zu kneifen. Also 3,2,1 und ab …

War gut. Ein bisschen kurz zwar aber extrem witzig. Das muss ich bei Gelegenheit nochmal machen.

Da geht noch was

Wenn man die Zeit bis zum Ende der Reise plötzlich nicht mehr in Monaten sondern in Wochen und Tagen zählt, verändern sich gewisse Dinge. Man kalkuliert voraus, ob für dieses oder jenes noch genug Zeit bleibt und wenn ja, wann man sich wieder auf den Weg zur nächsten Station machen sollte. Die uneingeschränkte Spontanität der vergangenen Monate gibt es ab jetzt nicht mehr. Aus diesem Grund hatte ich mir für die verbleibenden Tage nur noch wenige Ziele gesetzt. Ich war irgendwie auf Urlaub vom Urlaub eingestellt: Tempo rausnehmen, länger an einem Ort bleiben, weniger machen. Ich dachte, ich bräuchte das. Die sonst so geliebten Busfahrten waren in letzter Zeit auch unangenehmer und anstrengender gewesen. Mich beschlich der Verdacht, dass der Akku langsam leer würde.

Ecuador ist klein und dort würden die ewig langen Busfahrten ein Ende haben. Also noch ein letztes Mal zusammenreißen auf dem Weg von Huanchaco nach Cuenca. Direktverbindungen gab es keine, jedoch fand sich in Piura eine Möglichkeit, sofort über Nacht und für wenig Geld nach Cuenca zu kommen. Beachtlich dabei vor allem: Einreise nach Ecuador um 1 Uhr nachts. So war es wenigstens angekündigt worden. Tatsächlich kamen wir sogar erst um 3 an der Grenze an. Aber das war ok. Ich konnte erstaunlich viel schlafen und die Wartezeit während der Polizeikontrolle wurde mit Zähneputzen und Hol-die-Plastikflasche Spielen mit dem Drogensuchhund gekonnt überbrückt.

12 Uhr mittags; Ankunft in Cuenca; über 24 Stunden nach Abfahrt in Huanchaco. Und wir stellen fest: Der Junge kann doch noch Marathon-Busfahrten. „Erstmal ankommen“, so formulierte Claudio, mein Zimmerkollege aus Huanchaco, der den Trip ebenfalls mitmachte, seinen Plan für die nächsten Tage. Ich für meinen Teil habe beim Ankommen meistens tierischen Hunger und so gönnte ich mir vorzugsweise im Markt wenige Blocks vom Hostel entfernt Morochos, Encebollados, Guanabana-Shakes und auch Dinge, die man nicht googlen muss, wie zum Beispiel Schweinebraten. Unwahrscheinlich gut hab ich in Cuenca gegessen und weil ich mir Museen grundsätzlich nicht ansehe, war es das zusammen mit Spazierengehen dann schon was meine Aktivitäten angeht.

In Riobamba ragte dann besonders mein Hostel heraus. Ein riesiges Einzelzimmer mit … wartet jetzt kommt’s … einem Balkon. Das ganze für lächerliche 5$. Wahnsinn. Tag eins dort war dann ein klassischer Organisationstag: Wäsche waschen, zum Friseur gehen und Touri-Infos beschaffen. Vier Tage Ecuador und in der Tat lungerte ich meist nur rum und ließ es mir gutgehen. Genauso wie gedacht. Aber diesen Hammertrip jetzt ungefähr drei Wochen lang so extrem entspannt aber auch unspektakulär ausklingen lassen? Nein, das kann ich nicht machen. Da geht noch was …

Es war also noch da, das Feuer, die Lust auf Neues. In der Nähe gibt es einen Vulkan, den Chimborazo. Bis zum Gipfel zu wandern erfordert ein wenig Zeit und einen Guide, aber es gibt auch eine schöne Route für eine Tageswanderung, die ich alleine machen könne, sagte man mir. Das war genau das Richtige. Doch einen Tag später, als ich nochmal an gleicher Stelle in der Touristeninformation nachfragte, wie ich das ganze angehen musste, hieß es plötzlich: „Aber für diese Strecke brauchst du einen Guide und der kostet 30$“. Damit war mir der Wind aus den Segeln genommen. Ich wollte ja allein was machen und dann natürlich diese 30$? Sorry, aber das sind mir vier Stunden Wandern nicht wert.

So hebe ich mir meine Motivation für die kommenden Tage auf. Ich werd nochmal Gas geben, das steht fest. Für heute bleibt es allerdings doch nochmal bei Essen, Rumlaufen und Bloggen. Aber das gehört auch dazu und (mir fällt gerade auf, dass ich noch nicht viel über Ecuador erzählt habe) hier geht das ungemein gut. Ecuador hat mich sofort überzeugt. Die Landschaft ist zauberhaft (es dominiert die Farbe grün), es ist deutlich ruhiger und sauberer als in Peru und die beiden Städte, in denen ich bisher war, haben mir sehr gut gefallen. Und habe ich das Essen erwähnt? Also dieser Schweinebraten … ein Gedicht.