Da geht noch was

Wenn man die Zeit bis zum Ende der Reise plötzlich nicht mehr in Monaten sondern in Wochen und Tagen zählt, verändern sich gewisse Dinge. Man kalkuliert voraus, ob für dieses oder jenes noch genug Zeit bleibt und wenn ja, wann man sich wieder auf den Weg zur nächsten Station machen sollte. Die uneingeschränkte Spontanität der vergangenen Monate gibt es ab jetzt nicht mehr. Aus diesem Grund hatte ich mir für die verbleibenden Tage nur noch wenige Ziele gesetzt. Ich war irgendwie auf Urlaub vom Urlaub eingestellt: Tempo rausnehmen, länger an einem Ort bleiben, weniger machen. Ich dachte, ich bräuchte das. Die sonst so geliebten Busfahrten waren in letzter Zeit auch unangenehmer und anstrengender gewesen. Mich beschlich der Verdacht, dass der Akku langsam leer würde.

Ecuador ist klein und dort würden die ewig langen Busfahrten ein Ende haben. Also noch ein letztes Mal zusammenreißen auf dem Weg von Huanchaco nach Cuenca. Direktverbindungen gab es keine, jedoch fand sich in Piura eine Möglichkeit, sofort über Nacht und für wenig Geld nach Cuenca zu kommen. Beachtlich dabei vor allem: Einreise nach Ecuador um 1 Uhr nachts. So war es wenigstens angekündigt worden. Tatsächlich kamen wir sogar erst um 3 an der Grenze an. Aber das war ok. Ich konnte erstaunlich viel schlafen und die Wartezeit während der Polizeikontrolle wurde mit Zähneputzen und Hol-die-Plastikflasche Spielen mit dem Drogensuchhund gekonnt überbrückt.

12 Uhr mittags; Ankunft in Cuenca; über 24 Stunden nach Abfahrt in Huanchaco. Und wir stellen fest: Der Junge kann doch noch Marathon-Busfahrten. „Erstmal ankommen“, so formulierte Claudio, mein Zimmerkollege aus Huanchaco, der den Trip ebenfalls mitmachte, seinen Plan für die nächsten Tage. Ich für meinen Teil habe beim Ankommen meistens tierischen Hunger und so gönnte ich mir vorzugsweise im Markt wenige Blocks vom Hostel entfernt Morochos, Encebollados, Guanabana-Shakes und auch Dinge, die man nicht googlen muss, wie zum Beispiel Schweinebraten. Unwahrscheinlich gut hab ich in Cuenca gegessen und weil ich mir Museen grundsätzlich nicht ansehe, war es das zusammen mit Spazierengehen dann schon was meine Aktivitäten angeht.

In Riobamba ragte dann besonders mein Hostel heraus. Ein riesiges Einzelzimmer mit … wartet jetzt kommt’s … einem Balkon. Das ganze für lächerliche 5$. Wahnsinn. Tag eins dort war dann ein klassischer Organisationstag: Wäsche waschen, zum Friseur gehen und Touri-Infos beschaffen. Vier Tage Ecuador und in der Tat lungerte ich meist nur rum und ließ es mir gutgehen. Genauso wie gedacht. Aber diesen Hammertrip jetzt ungefähr drei Wochen lang so extrem entspannt aber auch unspektakulär ausklingen lassen? Nein, das kann ich nicht machen. Da geht noch was …

Es war also noch da, das Feuer, die Lust auf Neues. In der Nähe gibt es einen Vulkan, den Chimborazo. Bis zum Gipfel zu wandern erfordert ein wenig Zeit und einen Guide, aber es gibt auch eine schöne Route für eine Tageswanderung, die ich alleine machen könne, sagte man mir. Das war genau das Richtige. Doch einen Tag später, als ich nochmal an gleicher Stelle in der Touristeninformation nachfragte, wie ich das ganze angehen musste, hieß es plötzlich: „Aber für diese Strecke brauchst du einen Guide und der kostet 30$“. Damit war mir der Wind aus den Segeln genommen. Ich wollte ja allein was machen und dann natürlich diese 30$? Sorry, aber das sind mir vier Stunden Wandern nicht wert.

So hebe ich mir meine Motivation für die kommenden Tage auf. Ich werd nochmal Gas geben, das steht fest. Für heute bleibt es allerdings doch nochmal bei Essen, Rumlaufen und Bloggen. Aber das gehört auch dazu und (mir fällt gerade auf, dass ich noch nicht viel über Ecuador erzählt habe) hier geht das ungemein gut. Ecuador hat mich sofort überzeugt. Die Landschaft ist zauberhaft (es dominiert die Farbe grün), es ist deutlich ruhiger und sauberer als in Peru und die beiden Städte, in denen ich bisher war, haben mir sehr gut gefallen. Und habe ich das Essen erwähnt? Also dieser Schweinebraten … ein Gedicht.

Ein Gedanke zu „Da geht noch was

  1. …sicher geht da noch was, auch wenn der Countdown läuft. Wünsch Dir noch viele schöne und aufregende Erlebnisse auf den „letzten“ Metern Deiner fantastischen Reise und freu mich schon riesig wenn wir Dich bald wieder bei uns haben. (Du bringst doch hoffentlich das Rezept des Schweinebratens mit 🙂 )
    Bis bald!

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