Me gusta viajar – Das Ende vom Anfang

Und da bin ich wieder. Zurück in Good Old Germany. Zeit, die vergangenen gut acht Monate nochmals Revue passieren zu lassen. Aber zunächst noch kurz zu den letzten Tagen meiner Reise. Diese liefen genauso, wie ich mir das vorgestellt hatte: Entspannt und mit einigen schönen Begegnungen. Da war zum Beispiel ein Gespräch mit einem Straßenhändler, der mir zunächst ein paar seiner einzigartigen Schmuckstücke verkaufen wollte. Ein Geschäft kam zwar nicht zustande, aber als nach und nach seine Freunde hinzustießen, ergab sich eine sehr amüsante Runde, in der ich diverse hochprozentige ecuatorianische Spezialitäten kosten durfte. Nebenbei wurde leidenschaftlich musiziert und im Sinne der Völkerverständigung konnte ich auch ein österreichisches Lied zu den ansonsten lateinamerikanischen Klänge beisteuern. Zum Abschluss meines Südamerika-Aufenthalts ging es dann nochmal ins Nachtleben und so wurde der letzte Abend tanzend in den Discos von Quito verbracht.

Allerdings war meine Reise damit immer noch nicht ganz beendet. Mein vorletzter Flug führte mich in die spanische Hauptstadt Madrid. Nochmal drei ruhige Tage, an denen ich bei sommerlichen Temperaturen fröhlich durch die Straßen schlendern und zwischendurch ein wenig Fußball schauen konnte. Ich bezweifle, dass man diesen Trip noch schöner abrunden könnte …

Das waren sie also. 255 Tage, die mir soviel gegeben haben, dass es schwer fällt, das Ganze in nicht völlig ausufernder Form zusammenzufassen. Aber ich versuch`s mal.
Ich habe viele atemberaubend schöne Orte gesehen: Angkor, Iguazu, Milford Sound, Machu Picchu und die Osterinsel. Vulkane, Lagunen, Wälder, Strände, Wüsten, Gletscher und Wasserfälle langen auf meinem Weg.
Ich war dabei mit vielerlei verschiedener Transportmittel unterwegs: Flugzeuge, Motorräder, Fähren, Taxis, Kanus, Fahrräder, Züge, Lastwägen, Schlauchboote, Longtailboote, Tuk-Tuks, Gummireifen, Bambusflöße und unzählige Male mit dem Bus.
Ich habe mich aus meiner Komfortzone gewagt, Dinge gemacht, von denen ich niemals dachte, dass ich sie könnte. Ich habe viele neue Talente und Interessen an mir entdeckt, hab mein Englisch und Spanisch verbessert, kann auf Laotisch Hallo und Danke sagen und auf Khmer bis 10 zählen.
Ich habe dutzende großartige und inspirierende Menschen aus allen Teilen der Welt kennengelernt und hoffe, den ein oder anderen eines Tages wieder zu sehen.

Schon verrückt. Es gibt so vieles, auf das ich während der letzten acht Monate verzichtet habe: aus Kostengründen oft Komfort und gutes Essen (mancherorts bekommt man beides für kleines Geld aber eben nicht überall), meine Gitarre und meine elektrische Zahnbürste („Hättest du ja mitnehmen können“), Fußball (Anschauen allein reicht auf Dauer eben auch nicht) und nicht zuletzt – um nicht zu sagen: allen voran – auf direkten, nicht digitalen Kontakt zu jedem einzelnen Menschen, der mir etwas bedeutet (zum Glück wurden unterwegs einige Personen in diese Kategorie aufgenommen).
Und trotz all dieser Entbehrungen waren es die schönsten acht Monate meines Lebens. Ich bin so unendlich glücklich und dankbar, dass ich die Chance hatte, zu diesem Abenteuer aufzubrechen. Über ein halbes Jahr ohne Druck, ohne Stress, ohne Kompromisse, ohne sich vor irgendwem für irgendetwas rechtfertigen zu müssen. Oder in einem Wort: Freiheit. Dieses Gefühl war für mich das Schönste an meiner Reise. Marius Müller-Westernhagen hat ja gesagt, sie sei das einzige, was zählt. Nun ja, soweit würde ich nicht gehen. Aber für mich steht fest, ich will dieses Gefühl noch öfter erleben. Deshalb wird das nicht meine letzte Reise gewesen sein. Das war erst der Anfang. Wenn es wieder an der Zeit ist, sage ich Bescheid und werde euch auch diesmal davon erzählen.

„Heute ist nicht alle Tage. Ich komm wieder, keine Frage“ …

Que voy a hacer? Je ne sais pas

Nur noch gut eine Woche in Südamerika war übrig und der Weg bis Quito nicht mehr weit. Wie schon in Riobamba war der Plan, eine Wanderung auf einem Vulkan zu machen. Dieses Vorhaben wollte ich von Latacunga aus organisieren. Doch leider schien es außer mir niemanden zu geben, der den Cotopaxi erklimmen wollte. Es kam also keine Gruppe zustande, der ich mich hätte anschließen können und den Trip allein zu machen, wäre viel zu teuer gewesen. Da Latacunga selbst relativ wenig zu bieten hat, hielt es mich dort auch nicht länger als eine Nacht. Ich erreichte somit bereits sieben Tage vor meinem Flug die ecuatorianische Hauptstadt.

Viel Zeit für einen einzigen Ort, aber ich hoffte, Quito könnte mir vielleicht ähnlich gut gefallen wie Buenos Aires. Mein Problem war nämlich, dass ich so kurz vor der Zielgeraden nicht mehr wirklich Lust auf Ortswechsel hatte. Es kam wie es kommen musste: Ich fand die Altstadt (mehr habe ich von Quito noch nicht gesehen) zwar ganz nett, aber schon nach kurzer Zeit eher langweilig. So vergingen eineinhalb Tage, in denen ich viel zu viel Zeit im Hostel aber durchaus auch einige Stunden in den Straßen Quitos verbrachte, wo mir die Fülle an Menschen und das ständige Geschrei der Händler, die von Schuhsohlen über Fernbedienungen alles anbieten, was man braucht oder eben auch nicht braucht, einfach zu sehr auf den Zeiger gingen.

Glücklicherweise konnte ich mich dann doch noch zu einer weiteren Busfahrt aufraffen. Mindo wurde mir schon des Öfteren empfohlen und nach der nur zweistündigen Fahrt war ich sehr froh, mich nochmals auf’s Land begeben zu haben. Das Gebiet um den beschaulichen Ort hätte ich für mich unter Regenwald verbucht. Jedoch sagt das allwissende Internet, es handle sich hierbei um Nebelwald und der Name ist Programm. Sieht klasse aus, wenn die grünen Berghänge größtenteils im Verborgenen liegen. Aber Regen im klassischen Sinne gibt es auch, wie ich am eigenen Leib zu spüren bekam. Nachdem ich meine Runden bei den gut 5 Kilometer von der Stadt entfernten Wasserfällen gedreht hatte und eine Taxifahrt dankend abgelehnt hatte, begann es sich so richtig schön einzuregnen. Mit einer guten Regenjacke ausgestattet kann man da aber ganz entspannt und in freudiger Erwartung einer heißen Dusche weitermarschieren.

Mindo war genau richtig, um mich wieder aus meiner kürzlich aufkeimenden Lethargie zu holen. Abschließend geht es nun nochmal ins Big City Life. Erst zwei Tage in Quito und von dort fliege ich dann über den großen Teich nach Madrid, wo meine Reise enden wird.

Here we are now … entertain us

Da habe ich vielleicht getönt beim letzten Mal. Alles Kalkül versteht sich. Denn nun gab es für mich zwei Möglichkeiten. Nummer 1: Sich irgendwas spektakuläres ausdenken, was ich gar nicht gemacht habe. Warum sollte ich auf diesem Kanal lügen? Niemand hätte es je herausgefunden. Oder Variante Nummer 2: Worten Taten folgen lassen. Option 1 kam natürlich mitnichten infrage. Mein schlechtes Gewissen hätte mich überall hin verfolgt.

Also habe ich mich nach der heißersehnten nur eine Stunde dauernden Busfahrt nach Baños gleich nach einem angemessenen Freizeitprogramm umgesehen. Die Wahl fiel auf eine Fahrt zur Casa del Arbol (zu deutsch: Baumhaus. Oh mein Gott klingt das langweilig. Aber es ist nunmal ein Baumhaus). Der bestellte Bus traf allerdings nicht ein und für alternative Vorhaben war es danach leider zu spät. Dass die Busfahrt ins Wasser fiel, stellte sich aber im Nachhinein als Glücksfall heraus, denn die Strecke dorthin lässt sich auch zu Fuß bewältigen, wie ich später herausfand. Das spart fünf Dollar und macht außerdem viel mehr Spaß.

Der Aufstieg war nicht ohne. An manchen Stellen war das Gelände so steil und rutschig, dass man Probleme hatte, überhaupt vorwärts zu kommen. Jedoch gab es auch schöne Aussichtspunkte mit Blick auf Baños und nach wenigen Stunden erreichte ich die Casa del Arbol. Die haben da schlicht und ergreifend ein Baumhaus hingestellt, eine Schaukel dranmontiert und dann gibt es noch ein paar Baumstämme zum balancieren. Einen Dollar zahlt man Eintritt. Das mag sich nun womöglich etwas unspektakulär anhören und wahrscheinlich ist es das auch. Aber wenn man sich das ganze zu Fuß selbst erarbeitet hat, ist es richtig schön. Wäre ich mit dem Bus gefahren, hätte ich es ziemlich sicher totlangweilig gefunden.

Aus marketing-technischer und wirtschaftlicher Sicht finde ich es genial. Die Casa del Arbol ist eine der beliebtesten Attraktionen in Baños: Sehr gut besucht und durch Restaurants und den Transport dorthin wird gutes Geld verdient. Und das Konzept ist so simpel. Es ließe sich überall umsetzen. So viel dazu.

Ein weiterer schöner Ausflug, den ich gemacht habe, ist mindestens genauso gut organisiert. Entlang der sogenannten Ruta de las Cascadas gibt es einige Wasserfälle zu sehen. Krönender Abschluss ist dabei der Pailon del Diablo. Viel näher als dort kann man einem Wasserfall nicht kommen. Nachdem man sich ein paar Meter durch einen nur gut einen Meter hohen Gang geschlichen hat, steht man fast direkt unter den herunterdonnernden Wassermassen.

Was meine ich mit gut organisiert? Man bewältigt die gut 20 Kilometer lange Strecke, die auf dem Hinweg überwiegend bergab verläuft, mit dem Fahrrad und kann sich danach mitsamt seinem Drahtesel in einem Lastwagen bequem zurück nach Baños kutschieren lassen. Ein sehr gelungener Tagesausflug bei wieder einmal herrlichem Wetter, das mir seit nunmehr acht Monaten immer noch ein treuer Begleiter ist.

Ein weiterer Tag wurde erneut mit Wandern verbracht. Diesmal fand ich eine Route, die fast völlig verwaist war. Nur zwei Einheimische und ein Pferd kreuzten meinen Weg. Ansonsten hatte ich viel Zeit für mich. Etwas das ich immer sehr genieße.

Und dann hab ich mir noch was Tolles überlegt: Bungee Jumping. Das wäre eigentlich was für Neuseeland gewesen. Die Kiwis haben das nämlich erfunden, wenn ich mich recht entsinne. Als ich dort war, hätte ich es wahrscheinlich auf den Preis geschoben. Noch näher an der Wahrheit wäre es jedoch zu sagen, ich hab mich damals einfach nicht getraut. 50 Meter waren angekündigt. Soviele waren es definitiv nicht. Aber doch genug, um sich vor dem Absprung die Frage zu stellen, ob ich diese 20$ nicht doch sinnvoller hätte investieren können. Jedoch gab es im Falle eines plötzlichen Sinneswandels kein Geld zurück und außerdem waren viel zu viele Zuschauer zugegen, um sich die Blöße zu geben und zu kneifen. Also 3,2,1 und ab …

War gut. Ein bisschen kurz zwar aber extrem witzig. Das muss ich bei Gelegenheit nochmal machen.

Da geht noch was

Wenn man die Zeit bis zum Ende der Reise plötzlich nicht mehr in Monaten sondern in Wochen und Tagen zählt, verändern sich gewisse Dinge. Man kalkuliert voraus, ob für dieses oder jenes noch genug Zeit bleibt und wenn ja, wann man sich wieder auf den Weg zur nächsten Station machen sollte. Die uneingeschränkte Spontanität der vergangenen Monate gibt es ab jetzt nicht mehr. Aus diesem Grund hatte ich mir für die verbleibenden Tage nur noch wenige Ziele gesetzt. Ich war irgendwie auf Urlaub vom Urlaub eingestellt: Tempo rausnehmen, länger an einem Ort bleiben, weniger machen. Ich dachte, ich bräuchte das. Die sonst so geliebten Busfahrten waren in letzter Zeit auch unangenehmer und anstrengender gewesen. Mich beschlich der Verdacht, dass der Akku langsam leer würde.

Ecuador ist klein und dort würden die ewig langen Busfahrten ein Ende haben. Also noch ein letztes Mal zusammenreißen auf dem Weg von Huanchaco nach Cuenca. Direktverbindungen gab es keine, jedoch fand sich in Piura eine Möglichkeit, sofort über Nacht und für wenig Geld nach Cuenca zu kommen. Beachtlich dabei vor allem: Einreise nach Ecuador um 1 Uhr nachts. So war es wenigstens angekündigt worden. Tatsächlich kamen wir sogar erst um 3 an der Grenze an. Aber das war ok. Ich konnte erstaunlich viel schlafen und die Wartezeit während der Polizeikontrolle wurde mit Zähneputzen und Hol-die-Plastikflasche Spielen mit dem Drogensuchhund gekonnt überbrückt.

12 Uhr mittags; Ankunft in Cuenca; über 24 Stunden nach Abfahrt in Huanchaco. Und wir stellen fest: Der Junge kann doch noch Marathon-Busfahrten. „Erstmal ankommen“, so formulierte Claudio, mein Zimmerkollege aus Huanchaco, der den Trip ebenfalls mitmachte, seinen Plan für die nächsten Tage. Ich für meinen Teil habe beim Ankommen meistens tierischen Hunger und so gönnte ich mir vorzugsweise im Markt wenige Blocks vom Hostel entfernt Morochos, Encebollados, Guanabana-Shakes und auch Dinge, die man nicht googlen muss, wie zum Beispiel Schweinebraten. Unwahrscheinlich gut hab ich in Cuenca gegessen und weil ich mir Museen grundsätzlich nicht ansehe, war es das zusammen mit Spazierengehen dann schon was meine Aktivitäten angeht.

In Riobamba ragte dann besonders mein Hostel heraus. Ein riesiges Einzelzimmer mit … wartet jetzt kommt’s … einem Balkon. Das ganze für lächerliche 5$. Wahnsinn. Tag eins dort war dann ein klassischer Organisationstag: Wäsche waschen, zum Friseur gehen und Touri-Infos beschaffen. Vier Tage Ecuador und in der Tat lungerte ich meist nur rum und ließ es mir gutgehen. Genauso wie gedacht. Aber diesen Hammertrip jetzt ungefähr drei Wochen lang so extrem entspannt aber auch unspektakulär ausklingen lassen? Nein, das kann ich nicht machen. Da geht noch was …

Es war also noch da, das Feuer, die Lust auf Neues. In der Nähe gibt es einen Vulkan, den Chimborazo. Bis zum Gipfel zu wandern erfordert ein wenig Zeit und einen Guide, aber es gibt auch eine schöne Route für eine Tageswanderung, die ich alleine machen könne, sagte man mir. Das war genau das Richtige. Doch einen Tag später, als ich nochmal an gleicher Stelle in der Touristeninformation nachfragte, wie ich das ganze angehen musste, hieß es plötzlich: „Aber für diese Strecke brauchst du einen Guide und der kostet 30$“. Damit war mir der Wind aus den Segeln genommen. Ich wollte ja allein was machen und dann natürlich diese 30$? Sorry, aber das sind mir vier Stunden Wandern nicht wert.

So hebe ich mir meine Motivation für die kommenden Tage auf. Ich werd nochmal Gas geben, das steht fest. Für heute bleibt es allerdings doch nochmal bei Essen, Rumlaufen und Bloggen. Aber das gehört auch dazu und (mir fällt gerade auf, dass ich noch nicht viel über Ecuador erzählt habe) hier geht das ungemein gut. Ecuador hat mich sofort überzeugt. Die Landschaft ist zauberhaft (es dominiert die Farbe grün), es ist deutlich ruhiger und sauberer als in Peru und die beiden Städte, in denen ich bisher war, haben mir sehr gut gefallen. Und habe ich das Essen erwähnt? Also dieser Schweinebraten … ein Gedicht.

Die Bretter, die die Welt bedeuten

Wenn man um 4 Uhr morgens an einem Ort ankommt, hat die Suche nach einer Unterkunft realistisch gesehen eher wenig Aussicht auf Erfolg. So verstrichen die Stunden am Bus-Terminal in Trujillo und zwischen Müdigkeit und Langeweile kam mir dann nach geraumer Zeit der Gedanke, die verfügbare Internetverbindung sinnvoll zu nutzen und schonmal nach Hostels zu suchen. Zielort war nicht Trujillo selbst, sondern das gut 10km entfernte Huanchaco. Ausschlaggebend für meine Wahl waren dann nicht etwa die naheliegenden Kriterien Preis, Lage oder Bewertungen. Nein, mich überzeugte die Bemerkung, dass das Check-In bereits um 05:00 Uhr möglich sei. Dem war tatsächlich so. Das Wachaque Surf, das als Unterkunft (mangels jedweder Hinweisschilder am Gebäude) von außen nicht zu erkennen war, stellte sich als absoluter Glücksgriff heraus. Sehr schöne und saubere Räume, der Preis unschlagbar günstig und sogar das Frühstück ist inklusive. Darüber hinaus sind Besitzer Miguel und seine Familie unwahrscheinlich lieb und hilfsbereit und wenn man Glück hat, gibt’s am Abend auch mal nen Cappuccino oder Schokotorte.

Das war es, was ich gesucht habe. Keine „Alles-Easy-Dude“-Surfer-Unterkunft mit Hängematten und total chilliger Atmosphäre. Ich wollte surfen ja, aber auf den klischeehaften Surfer-Lifestyle hatte ich keine Lust. Auch Huanchaco war genau nach meinem Geschmack: Sonnig, mit viel Strand ausgestattet und vor allem nicht überlaufen (was aber anscheinend an der Jahreszeit liegt). So habe ich mich hier für wenig Geld und mit mäßigem Erfolg im Surfen versucht. Verflixt schwer, wie ich finde. Aber selten habe ich mit einer derartigen Motivation und Ausdauer etwas ausprobiert, in dem ich so schlecht war. Doch egal ob man es kann oder nicht, es gibt kaum einen schöneren Ort, um den Sonnenuntergang zu beobachten, als ein Surfbrett. Für mich steht fest, wenn sich das nächste Mal die Gelegenheit ergibt, werde ich weiterüben. Doch für diese Reise war es das mit Strand im Allgemeinen und Surfen im Speziellen.

Viel Zeit bleibt ja nicht mehr. Und auch wenn es durchaus hübsche Strände in Ecuador geben soll, habe ich mich dazu entschlossen, diese nicht anzusteuern und mich stattdessen im Hochland aufzuhalten. Wie’s da so ist, erzähl ich dann beim nächsten Mal.

Stadt, Land, Lagune

Bei Hauptstädten geht man ja grundsätzlich davon aus, dass es viel zu sehen und machen gibt. Was Lima angeht wurde mir diese Erwartungshaltung von anderen Reisenden bereits genommen. „Eine Großstadt eben“, in etwa so könnte man die Statements zu Lima zusammenfassen. Hinzu kam der Hinweis (von zwei Einheimischen) dort besonders vorsichtig zu sein. Gefährlich wurde es aber zu keinem Zeitpunkt. Mit Miraflores hielt ich mich in einem sehr reichen und damit auch entsprechend sicheren Stadtteil auf. In puncto Sightseeing hatte ich mich schon auf eine der bewährten Walking-Tours gefreut. Diese fand jedoch nicht statt. Es tauchte einfach kein Guide am Treffpunkt auf. Das war schade. Somit gabs für mich außer Fastfood-Restaurants, Hochhäusern und ein bisschen Küste nicht viel zu sehen. Schön fand ich allerdings, dass am Sonntag, dem Tag meiner Weiterreise, einige Straßen für Autos gesperrt wurden und diese nur von Joggern und Radfahrern genutzt wurden.

Danach ging es zum wiederholten Male in die Berge. Huaraz war das nächste Ziel. Leider war ich seit Langem mal wieder gesundheitlich etwas angeschlagen, weshalb ich mir eine zweitägige Auszeit verordnete. Viel besser fühlte ich mich danach auch nicht, aber da die Langeweile um sich griff, machte ich eine Tour zur Laguna 69. Jeweils sechs Stunden Fahrt und Wanderung, in der zwar mittlerweile gewohnten aber trotzdem immer noch fiesen Höhe, schienen mir insbesondere beim Aufstieg eine maximal bescheuerte Idee gewesen zu sein. Aber ich bin angekommen und selbstredend hat sich die Quälerei ausgezahlt. Eine Stunde Sonnenbaden (in der Lagune hätte man theoretisch auch baden können aber ich hielt das nicht für klug) und dann ging es zum Glück nur bergab. Die Rückfahrt war dann zwar sehr ungemütlich aber tatsächlich ging es mir am nächsten Tag deutlich besser. Kein Patentrezept gegen Erkältungen zugegebenermaßen, aber in diesem Fall hat es funktioniert.

Nun ist wieder Küste angesagt. Das trifft sich gut, denn eine Sache steht noch auf meiner To-do-Liste: Surfen. Hatte ich schon lange vor und fast genauso lang schiebe ich dieses Thema vor mir her. Aber jetzt ist genug mit der Aufschieberei. Oder um es mit den Sportis zu sagen: „Lass uns Wellenreiten gehen“

Feiner Sand und schöne Frauen

Das Kapitel Cusco war nach dem Besuch von Machu Picchu noch längst nicht beendet. Da draußen sind ja noch weitere Sehenswürdigkeiten aus der Inka-Zeit. Manche davon seien „noch bedeutender, noch größer und noch beeindruckender als Machu Picchu“, meinte ein Tour-Guide. Mit seeeehr großer Skepsis habe ich diesen Satz aufgenommen. Bedeutender? Größer? Nehm ich mal so hin. Ich bin hier ja nicht der Experte. Aber in der dann eher subjektiven Kategorie „beeindruckend“ … da lehnt er sich weit aus dem Fenster. Fand ich jedenfalls.

Dieser Aussage musste folglich auf den Grund gegangen werden. Drei Tage, drei Touren. Alle vollgepackt mit Inka-Stätten. Ein straffes Programm aber man will ja schließlich was sehen. Moray, Puka Pukara, Ollantaytambo und Pisac habe ich mir in diesem Zuge unter anderem angeschaut, um mal ein paar Namen in die Runde zu werfen. Dazu kamen die beiden wichtigsten Orte: Qorikancha und Sacsaywaman. Ja, der letztgenannte Name ist mir schon vor Monaten in einem Gespräch mit einem Texaner untergekommen. Sprecht es mit einem amerikanischen Akzent aus und es wird sich anhören wie: Sexy Woman. Das hat mich damals sehr verwirrt. Ich dachte, der Name des Ortes lässt sich so übersetzen. Aber als ich vor zwei Wochen zum ersten Mal davon gelesen habe, hat es sofort Klick gemacht. Seither zaubert es mir jedesmal ein Lächeln ins Gesicht, wenn ich es höre. Tatsächlich wird dieser Gag bei jeder Tour gebracht, mit dem Hinweis, dass es eben nicht Sexy Woman heißt. Es tut mir leid aber auch bei korrekter Aussprache lässt sich die Assoziation unmöglich verhindern. Soviel dazu.

Was Qorikancha, Sacsaywaman und all die anderen Orte angeht muss ich sagen: Nein, so beeindruckend wie Machu Picchu waren sie nicht. Trotzdem war es schön, sie einmal gesehen zu haben. Und da ich im Gegensatz zu Machu Picchu mit Guides unterwegs war, konnte ich einiges über die Inka erfahren. Ziemlich bemerkenswert wie viel diese beispielsweise von Astronomie oder Landwirtschaft verstanden.

Es folgte eine sehr lange und ungemütliche Busfahrt nach Ica. Erholung von den Reisestrapazen bot einmal mehr König Fußball. Exakt eine Stunde vor Anpfiff des Champions-League-Halbfinals kam ich an. Genug Zeit, um sich einen Platz mit Fernseher und ein paar Snacks zu besorgen. Nachdem in Sachen europäischer Fußball (zumindest für diese Woche) alles erledigt war, konnte ich mich einem Programmpunkt widmen, auf den ich mich schon seit Langem gefreut habe: Sandboarding war geplant. Hierfür ging es ins nahgelegene Huacachina, einer Oase wie sie im Bilderbuch steht. Ein kleiner See und rundherum Palmen und Sanddünen. Sehr hübsch.

Mit dem Strandbuggy ging es dann durch die Wüste und allenthalben ging es wahlweise bäuchlings oder so wie man sich Sandboarden eigentlich vorstellt stehend auf dem Brett den Hang hinunter. Herausragendes Talent würde ich mir dabei nicht attestieren aber einer muss ja schließlich mit spektakulären Stürzen zur Unterhaltung der Gruppe beitragen. Ist natürlich nichts passiert bei diesen Stunts. Aber ich glaube, ich hab immer noch Sand in den Schuhen …

Vom schönsten zweiten Platz meines Lebens

Wie schon in Arequipa ist es mir auch in Puno gelungen, mich fernab der Touristenmassen einzuquartieren. Das hatte aber weniger mit Kalkül als vielmehr mit Bequemlichkeit und einer daraus resultierenden schlechten Informationslage zu tun. So oder so, es ist immer ganz schön, der einzige Gringo in der Gegend zu sein und darüber hinaus lebt es sich auch billiger. Wobei billiger hier relativ zu sehen ist. Man bekommt in diesem Land wahnsinnig viel für sein Geld. Wenn man dann einmal vier Euro für eine Mahlzeit zahlt, hält man das schon für Wucher, aber das nur am Rande.

Puno am berühmten Titicacasee hat als Stadt ziemlich wenig zu bieten. Lohnenswerte Ausflugsziele sind hingegen die Inseln im größten See Südamerikas. Sagt man zumindest. Ich hatte nicht wirlich Lust darauf und hab sie mir nicht angesehen. Insofern waren die beiden Tage in Puno nicht der Rede wert, aber der Vollständigkeit halber wollt ich es mal erwähnt haben. Dafür war mein nächstes Ziel umso spannender. Cusco, im Herzen des peruanischen Hochlands gelegen, ist das absolute Muss für jeden Besucher des Andenstaates. Als unumstrittenes kulturelles Zentrum des Landes lockt die Stadt mit vielen bedeutenden Stätten aus der Zeit der Inkas. Allen voran natürlich: Machu Picchu.

Ein lang gehegter Traum von mir, diesen Ort einmal zu sehen. Nun galt es ihn wahr werden zu lassen. Die Möglichkeiten nach Machu Picchu zu gelangen, sind sehr vielfältig. Es gibt Busse, es gibt Züge, es gibt den Inka-Trail und man munkelt, es sei sogar möglich, einige Streckenabschnitte mit dem Mountainbike oder per Rafting zu bewältigen. Meine Wahl fiel auf die Low-Budget-Variante Bus plus Laufen und ich würde es jederzeit wieder so machen.

Im Detail lief das ganze so ab: Mit dem Bus ging es in gut sechs Stunden von Cusco nach Hydroelectrica. Der Weg dorthin ist wieder einmal nichts für schwache Nerven. Flüsse, die über die Straße führen und Felsen, die über die Straße ragen. Man hat nicht wirklich das Gefühl, dass Fahrzeuge hier verkehren sollten, aber sie tun es und das in beide Richtungen. Und es funktioniert. Von Hydroelectrica aus läuft man entlang der Gleise zwei Stunden lang nach Aguas Calientes, ein Ort, der nur für Machu Picchu und dessen Besucher geschaffen zu sein scheint (und es wahrscheinlich auch ist). Nur Hotels und Restaurants gibt es dort. Aber entgegen meiner Vermutung war es nicht teurer als im Zentrum von Cusco, was vielleicht daran liegt, dass zur Zeit noch nicht Hauptsaison ist.

Ein weiterer gelungener Schachzug meiner Planung bestand darin, zwei Nächte in Aguas Calientes zu verbringen. Einige Tourteilnehmer bleiben lediglich eine Nacht und müssen so am selben Tag, an dem sie Machu Picchu besuchen, wieder zurück nach Cusco. Ich hatte hingegen jeweils einen Tag für Anreise, Machu Picchu und Abreise. Dann kam also mein großer Tag. Aufstehen um 4 Uhr 15. Danach eine Viertelstunde Fußmarsch zum ersten Checkpoint. Dieser öffnet um 5 Uhr seine Tore. Gut ein Dutzend andere waren schon da und bevor der Weg freigegeben wurde, reihten sich noch gut hundert weitere Personen in der Schlange ein.

Kurz nach 5, nun durfte man nach oben. Bei anfangs noch vollständiger Dunkelheit ging es nun steil bergauf. Knapp 40 Minuten Treppensteigen so schnell es Beine und Lunge zulassen und die Belohnung für diese Schinderei: Ich bin an diesem Tag der zweite vor dem Eingang zum Machu Picchu. In diesem Fall freut man sich, dass dort oben nochmal 20 Minuten gewartet werden muss. Zusammen mit meinen Mitsteitern musste ich diese optimale Ausgangsposition dann noch gegen die Busfahrerfraktion verteidigen. Die lassen sich da ganz gemütlich hochkutschieren, kommen 10 Minuten später an und stellen sich doch glatt neben einen. So nicht! Bitte hinten anstellen! Haben die dann auch gleich eingesehen.

„Wo müssen wir eigentlich hin, um die guten Bilder zu schießen?“ Wusste keiner. „Finden wir schon.“ Endlich ging es los. Nach 20 Metern war dann eine Entscheidung zu treffen: Rechts oder links? Der linke Weg führte weiter nach oben. Gekauft! Ich vorneweg und die anderen hinterher. „Schiebt es nicht auf mich, wenn das der falsche Weg war“, rief ich noch. Aber kein Grund sich zu entschuldigen. Ein paar Stufen mehr und wir standen tatsächlich da, wo wir hinwollten: Blick auf die Ruinen und den Waynapicchu dahinter. Dieses berühmte Motiv, dass jeder schon mal gesehen hat, aber eben nur im Fernsehen oder auf Postkarten. Ein denkwürdiger und sehr emotionaler Moment für mich.

Die Stimmung war großartig. Jeder stellte sich mit dem größten Vergnügen als Fotograf zur Verfügung, um den anderen Gipfelstürmern ihr wohlverdientes Bild mit noch vollkommen menschenleerem Hintergrund zu ermöglichen. Nach der kurzen Fotosession wurde nochmal abgeklatscht und dann trennten sich die Wege. Ich blieb noch eine Stunde an diesem Ort, der sich nun stetig füllte. Aber das war egal. Dieser Moment gehörte mir und all die anderen Menschen existierten für mich nicht. Es war perfekt.

Nach weiteren sechs Stunden verließ ich die Ruinen wieder und war dabei so glücklich und aufgedreht, dass ich die Treppen zum Tal hinunter sogar gerannt bin. Danach musste ich mich dann doch ein wenig ausruhen, denn Kraft haben diese Tage (inklusive des Rückwegs nach Cusco mit erneut zwei Stunden Laufen und sechs Stunden Busfahrt) schon gekostet. Aber das war es wert. Machu Picchu war ein unvergessliches Erlebnis.